Die Lager aufbrechen
Die Sprünge und Abstürze der Umfragewerte deutscher Parteien
erinnern an die Schwankungen eines Thermometers im April. Das
Auseinanderdriften von Union und FDP sowie Grünen und SPD hat nicht
nur eine allgemein bekannte Ursache: Oppositionsparteien gewinnen in
einer Wahlperiode gegenüber der Regierung oft an Zustimmung, zumal,
wenn wie bei der jetzigen Koalition kein klarer Kurs erkennbar ist.
Der spezielle Grund des Drifts ist erkenntnisreicher: Schwarz-Gelb
vollzieht eine Wende in der Atompolitik, die kaum jemand abnimmt. Die
Grünen punkten dagegen so extrem, weil sie schon immer Kernkraft
ablehnten. Glaubwürdigkeit schafft Vertrauen.
Bald wird Bringschuld auf den Grünen lasten. In Baden-Württemberg
müssen sie mit der SPD Verantwortung übernehmen, gut regieren, ihr
Programm umsetzen. Langfristig wünschenswert wäre, das Lagerdenken im
Fünf-Parteien-System zu beenden. Die Probleme in der Welt sind derart
schwerwiegend, dass es um gemeinsame Lösungen ohne ideologisches
Sperrfeuer gehen sollte. Wer genau hinsieht, wird auch nach wie vor
eigenständige Identitäten finden, jede Partei hat etwas zu bieten:
CDU/CSU christlich-konservative Werte, die SPD soziale Gerechtigkeit,
die Grünen Nachhaltigkeit und die FDP Freiheit zur Verantwortung. Nur
die Linke zündet Blendgranaten.
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