Die Tschernobyl-Debatte im Bundestag ist zu einem
Schlagabtausch über die Atompolitik verkommen. Das wird der Sache in
keiner Weise gerecht. Denn die Dimensionen der Reaktorkatastrophe von
1986 reichen weit über das Klein-Klein deutscher Innenpolitik hinaus.
Gestern hätten es im Bundestag gern ein paar tiefschürfende
Reflexionen über den Umgang des Menschen mit moderner Technik sein
dürfen. Die Frage muss doch gestellt werden, ob wir mit unserem
konsumhörigen Verständnis vom Wirtschaften auf dem richtigen Weg
sind. Halten wir daran fest, werden alle noch so gut gemeinten
Energiesparprogramme fruchtlos bleiben. Zwingend notwendig wäre es in
einer Tschernobyl-Debatte auch gewesen, einen sachkundigen Blick auf
die Situation in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion zu werfen. Kein
Wort war zu hören über den richtigen Umgang mit der Ukraine und
Weißrussland. Beide Länder befinden sich wie in den 80er-Jahren auf
einer abschüssigen Bahn, die jederzeit in einem Desaster enden kann.
Wie soll sich die EU zur Ukraine verhalten? Das Land (und ebenso
Weißrussland) sich selbst oder dem Kreml zu überlassen, kann keine
Lösung sein. Darüber sollte man sich einmal grundlegend Gedanken
machen, eine echte Strategie entwerfen und gern im Bundestag
kompetent und leidenschaftlich darüber debattieren. Wenn es wieder
geknallt hat wie einst in Tschernobyl, ist es dazu zu spät.
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