Lausitzer Rundschau: Auf Zickzack-Kurs

Zur Libyen-Politik der Bundesregierung

Deutschland kann sich einem humanitären
Hilfseinsatz in Libyen nicht verweigern. Nicht, wenn es darum geht,
quasi vor unserer Haustür Menschen aus größter Bedrängnis und Gefahr
zu retten. Da der Einsatz nicht in einem Erdbeben-, sondern in einem
Kriegsgebiet geschehen soll, ist es ebenso selbstverständlich, dass
Soldaten eingesetzt werden, um die Hilfsschiffe abzusichern. Wer das,
wie die Linke, als „Kriegseinsatz“ denunziert, hat statt humanitäre
Maßstäbe nur noch Propaganda im Kopf. Nichts wäre auszusetzen an der
Zusage der Bundesregierung zu einer solchen Mission, zumal diese an
ein UN-Mandat gebunden ist. Wenn da nicht dieser abrupte Kurswechsel
wäre, der von schlechtem Gewissen zeugt. Vielleicht auch von
Doppelmoral. Oder, noch schlimmer, vom Einfluss, den deutsche
Landtagswahltermine auf zentrale außenpolitische Entscheidungen
dieser Regierung haben. Denn vor den für sie wichtigen Landtagswahlen
hat sich die gleiche Regierung zusammen mit Russland und China im
UN-Sicherheitsrat enthalten, als es um die Durchsetzung eines
Flugverbotes gegen den Diktator Ghaddafi ging. Sie hat ziemlich
emotionslos zugeschaut, wie dessen Maschinen das eigene Volk
bombardierten und die nachrückenden Söldner anschließend unten auf
der Erde Rädelsführer und Rebellen exekutierten. Dabei war noch nicht
einmal ein aktiver Beitrag von Berlin gefragt. Und als es auf dem
Mittelmeer um die Durchsetzung eines Waffenembargos gegen den
Diktator ging, eine höchst passive Angelegenheit, hat die Regierung
demonstrativ ihre Schiffe aus den Nato-Verbänden abgezogen. Man
wollte sich nicht nur die Finger nicht schmutzig machen, man wollte
sie auch sauber nicht benutzen. Nicht für diese Angelegenheit fern da
unten, und nicht zu diesem Zeitpunkt. Mappus ging vor Moral und
Weitsicht. Nun hat Mappus verloren, und die Weitsicht kann langsam
wieder die Oberhand gewinnen. Wenn die Bundesregierung etwas wieder
gut machen möchte an ihrer skandalösen Nordafrika-„Strategie“, dann
sollte sie weit mehr tun, als nur ein paar Hilfsschiffe und ein paar
Soldaten zu deren Absicherung zu schicken. Dann sollte sie sich mit
der ganzen Autorität, die Deutschland wenigstens ökonomisch und
finanziell in Europa und der Welt noch hat, dafür einsetzen, dass ein
demokratisches Nordafrika eine attraktive Entwicklungsperspektive
bekommt. Aufbau- und Wirtschaftshilfe, Investitionen, Bildung,
Kooperation. Nichts sollte Angela Merkel und Guido Westerwelle von
einer solchen Mittelmeerpolitik mit Perspektive abhalten – nicht
einmal die anstehende Bürgerschaftswahl in Bremen.

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