WAZ: Fehlender Schutz
– Kommentar von Dietmar Seher

Nordrhein-Westfalens Polizei klärt viele Mord-,
Totschlags- und Vergewaltigungsfälle. Sie hilft mit ihren 18
Hundertschaften auch gerne aus, wenn in der Nachbarschaft gegen
Bahnhöfe oder Castor-Transporte protestiert wird oder samstags die
Liga zu schützen ist. Das ist die gute Nachricht. Doch eine
Konzentration auf wichtige Aufgaben führt bei knapper Personaldecke
oft zur Vernachlässigung übriger wichtiger Jobs. Ein hoher Preis. Er
ist die schlechte Botschaft: Wenn Banden von Wohnungseinbrechern
durchs Land ziehen, sind die Chancen, sie zu stellen, gering. Die,
sie abzuschrecken, sind gleich null. Die Aufklärungsquoten an Rhein
und Ruhr – bundesweit auf einem hinteren Platz, wie Daten des
Statistischen Bundesamtes ergeben – liegen beim „Bruch“ besonders
niedrig. Einbruch schadet nicht nur materiell. Er verwüstet Psyche.
Opfer eines Einbruchs fühlen sich in der Intimsphäre verletzt. Sie
wissen: Da hat einer meine Papiere durchwühlt, war an unserer Wäsche.
Bieten eigene Wände keinen Schutz? Es mag bei leerer Kasse eine
Herausforderung für Gesetzgeber und Polizei sein, der Unsicherheit
der Bürger durch mehr Anstrengung zu begegnen. Aber nicht jede
NRW-Hundertschaft muss ausrücken, wenn es Randale vor fremden
Bahnhöfen gibt.

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