Neue OZ: Kommentar zu Politikverdrossenheit

Nur noch Zuschauer

Die Umfragewerte in Sachen Politikverdrossenheit geben Anlass zur
Sorge. Das Ansehen von Parteien und Abgeordneten schwindet seit
Jahren. Es führt zu einer fatalen Entwicklung, wenn weniger Bürger
wählen gehen, sich in einer Partei engagieren oder als Kandidat
aufstellen lassen wollen.

Seit längerer Zeit finden vor allem die Volksparteien SPD und CDU
immer weniger Zustimmung. Das liegt auch daran, dass sich viele
Menschen in der Beurteilung der Politik wie Zuschauer bei einem
Fußballmatch verhalten. Es ist leicht, von der Tribüne aus wie
Ersatztrainer aufzutreten und über die Leistung der Akteure auf dem
Rasen zu mäkeln. Aber würden die meisten Zuschauer selbst besser
einen Elfmeter verwandeln oder ein Tor verhindern? Wohl kaum.

Allzu schnell stufen manche Bürger Politiker sehr pauschal als
unfähig, faul oder raffgierig ein oder meckern über deren Diäten.
Dadurch droht ein Teufelskreis: Das angeschlagene Ansehen der
Volksvertreter in der Öffentlichkeit führt dazu, dass sich weniger
Talente engagieren – und vermehrt Spitzenpolitiker in einer
Ich-bin-dann-mal-weg-Mentalität verabschieden.

Die Qualität der Politik nimmt dadurch nicht zu. Das ist umso
bedauerlicher, weil es schwieriger geworden ist, in einer komplexer
gewordenen Welt Kompromisse zu finden und Entscheidungen zu treffen.
Besser als pauschale Schelte ist daher ein sachlicher Umgang mit
inhaltlichen Entscheidungen.

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