Der Nachfolger Guido Westerwelles als FDP-Chef,
Philipp Rösler, hat sich eine neue Kommandobrücke gebaut. Sie sieht
so aus: Er selber gibt das von ihm ungeliebte Gesundheitsministerium
ab und wird, was er schon 2009 hatte werden wollen –
Bundeswirtschaftsminister. Dafür musste Rainer Brüderle weichen. Das
war auch nicht zu viel verlangt, denn Brüderles pfälzischer
FDP-Landesverband hat die Landtagswahl Ende März krachend verloren.
Neuer Gesundheitsminister wird ein fachlich versierter Jungpolitiker
aus Nordrhein-Westfalen. So weit, so gut. Es hätte ein schönes gelbes
Kreuzfahrtschiff werden können, unter Röslers neuer Flagge. Brüderle
seinerseits aber fand, dass ein Totalrückzug kurz vor seinem 65.
Geburtstag im Juni von ihm, dem alten Kämpen aus der Pfalz, zu viel
verlangt sei. Mit solchen Gedanken fängt meistens politisches Elend
an. In diesem Fall sieht es so aus, dass Birgit Homburger in den
Blick Brüderles geriet. Die Schwäbin war bisher Chefin aller
FDP-Abgeordneten im Bundestag und gleichzeitig Chefin der FDP in
Baden-Württemberg. Die Wahlen dort hatte ihr Landesverband ebenfalls
krachend verloren, aber immerhin waren die Liberalen in Stuttgart
überhaupt wieder in den Landtag gekommen, im Gegensatz zu Brüderles
Pfälzer Team. Trotzdem hieß es plötzlich: Die Homburger muss weg,
damit der Brüderle bleiben kann. Die Homburger kann im Bundestag
sowieso nicht gut reden. Der Brüderle aber ist „FDP pur“, oder wie
man das in solchen Momenten nennt. Brüderle hat jahrelang in Mainz
mit der SPD regiert statt mit der CDU. Aber Philipp Rösler, der mit
Angela Merkel regieren will, fand plötzlich auch, dass Homburger weg
müsse. Also drängte er sie zum Verzicht auf den Fraktionsvorsitz. Zum
Trost schlug er sie als stellvertretende FDP-Bundeschefin vor. Das
hörend, wurde Justizministerin Sabine Leutheusser zornig. Sie, deren
bayerischer FDP-Landesverband Bayern mitregiert, wollte den
Stellvertreterposten haben. Warum? Nur Parteichef Rösler und sein
Stellvertreter in der FDP dürfen an der wichtigsten Regierungsrunde
teilnehmen, die es gibt – dem Koalitionsausschuss aus den Spitzen von
CDU, CSU und FDP. Dort fallen die Grundsatzentscheidungen. Dort soll
jetzt aber die gerade erst demontierte Birgit Homburger sitzen, die
einfache Abgeordnete. Ministerin Leutheusser geht leer aus. Verlierer
werden zu Siegern, Sieger zu Verlierern, und vor allem die Frauen in
der FDP sind nachhaltig irritiert. Philipp Röslers Offizierstruppe
tritt vergrätzt und sauer den Dienst an. Rösler will eigentlich ab
kommender Woche mit seinem FDP-Traumschiff in See stechen und seine
Passagiere, die FDP-Wähler, glänzend unterhalten. Röslers erste
Führungsaufgabe ist es aber nun, die missmutige Mannschaft zum
Lächeln zu motivieren. Das muss zügig geschehen, denn schon am 22.
Mai ist wieder eine Landtagswahl, in Bremen. Fällt die FDP dort
durch, werden die unzufriedenen Seelen bei den Liberalen noch
unzufriedener wirken. Obwohl Philipp Rösler so schnell das Schiff ja
nun auch nicht wenden kann, dass Bremen zum herrlichen Sieg gerät. Er
hat eine gewaltige Last geschultert. Man wünscht ihm Glück dabei –
und hofft, das Hauen und Stechen dieser Tage möge nur ein Ausrutscher
gewesen sein.
Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de