stern.de: Plagiatsexperte Volker Rieble lobt Bayreuther Kommission im Fall Guttenberg – „Alles sauber heraus gearbeitet“

Der Münchner Jura-Professor und Plagiatsexperte
Volker Rieble hat die Arbeit der Kommission „Selbstkontrolle in der
Wissenschaft“ der Universität Bayreuth im Fall Guttenberg gelobt.
„Das ist solide Arbeit“, sagte Rieble dem Online-Magazin stern.de. Es
sei bestmöglich belegt, dass Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu
Guttenberg beim Verfassen der Dissertation absichtlich getäuscht
habe. „Das ist alles sauber heraus gearbeitet.“ Die Kommission hatte
zuvor am Mittwoch ihren Abschlussbericht zu wissenschaftsethischen
Bewertung der Arbeit des CSU-Politikers vorgestellt.

Gleichzeitig nahm Rieble die Kommissionsmitglieder gegenüber
Kritik in Schutz, sie hätten Guttenbergs Doktorvater Peter Häberle
und Zweitkorrektor Rudolf Streinz zu schonend behandelt. „Die
Kommissionsmitglieder haben der Versuchung widerstanden, Häberle und
Streinz in die Pfanne zu hauen – das wäre ein Leichtes gewesen“,
sagte der Professor, der an der Münchner
Ludwig-Maximilians-Universität einen Lehrstuhl für Arbeitsrecht und
Bürgerliches Recht inne hat und auch ein Buch über wissenschaftliche
Plagiate geschrieben hat. „Es kann jedem Doktorvater passieren, dass
er ein Plagiat nicht bemerkt. Die Verantwortung für die Doktorarbeit
liegt ausschließlich beim Autor. Häberle ist mehr Opfer als Täter“,
sagte Riebel. Er sagte jedoch auch, dass Häberle, auch wenn ihm keine
direkten Fehler nachgewiesen werden könnten, für Versäumnisse mit
akademischem Ansehensverlust bestraft werde. „Häberle bezahlt seinen
Fehler mit Reputationsverlust“, sagte Rieble.

Der Jurist warnte trotz des Lobs für die Bayreuther Universität
vor schwer wiegenden Folgen der öffentlichen Diskussion der
Plagiatsaffäre für das Ansehen wissenschaftlicher Arbeit. Zwar sei es
zwingend geboten, Plagiatsfälle aufzudecken und akademisch zu ahnden.
Aber die Affäre Guttenberg habe von wichtigeren Probleme des
wissenschaftlichen Betriebs abgelenkt. „Dieses Volk hat ein Bedürfnis
nach ritueller Abstrafung“, sagte Rieble stern.de. „Die
Sensationsgeilheit hat alle Doktoranden beschädigt. Aber man muss die
Kirche im Dorf lassen. Ein Professor, der ein Buch von einem
Assistenten schreiben lässt und seinen Namen darüber setzt, ist für
die Wissenschaft viel schlimmer als alle Plagiate.“

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stern.de-Autor
Florian Güßgen
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