Südwest Presse: Kommentar: Atomausstieg

KOMMENTAR · ATOMAUSSTIEG

Gezielte Indiskretion Zufälle sind selten in der Politik. Also
handelt es sich bei der vorzeitigen Veröffentlichung des Entwurfs für
den Abschlussbericht der Ethikkommission zur Energiewende um eine
gezielte Indiskretion aus der Mitte dieses ehrenwerten Kollegiums.
Das ist so bezeichnend wie bedauerlich. Noch bevor die
Reaktorsicherheitskommission ihrerseits den Report über den
technischen Zustand der 17 Atommeiler abgeliefert hat, der ja
vernünftigerweise in die Überlegungen der Experten um
Ex-Umweltminister Klaus Töpfer einbezogen werden sollte, werden
bereits die Eckpunkte der Empfehlungen zu einem verträglichen Ende
der Kernenergie in Deutschland mitgeteilt. Welche Absicht hinter
diesem Manöver steckt, ist nicht schwer zu erraten. Da bis Anfang
Juli nicht nur eine weitreichende politische Entscheidung getroffen
werden muss, an der Koalition, Opposition und Zivilgesellschaft ein
vitales Interesse haben, sondern auch Investitionen in Milliardenhöhe
auf dem Spiel stehen, arbeiten alle Beteiligten daran, sich Vorteile
im Poker um die Energiezukunft der Bundesrepublik zu verschaffen.
Wenn erst einmal ein fixes Ausstiegsdatum genannt ist oder die
Notwendigkeit einer Revisionsklausel behauptet wird, sind Pflöcke
eingerammt, an denen die Debatte der nächsten Wochen nicht
vorbeikommt. Es wird also mit harten Bandagen gekämpft, leider auch
mit den üblichen Nickeligkeiten.

Pressekontakt:
Südwest Presse
Lothar Tolks
Telefon: 0731/156218