Kein Kompass
Hat die schwarz-gelbe Regierung ihren sicherheitspolitischen
Kompass verloren? Für Wehrpflicht und Bündnistreue warben die
Koalitionäre im Wahlkampf, um dann schließlich die Idee vom Bürger in
Uniform zu begraben. Und spätestens seit der Enthaltung Deutschlands
in der Libyen-Frage im UN-Sicherheitsrat dürften NATO und USA klar
sein: Europas Mittelmacht liebäugelt wieder mit Sonderwegen. Davor
kann nur gewarnt werden: Das ging in der Geschichte noch nie gut.
Thomas de Maizière hat nach dem unfreiwilligen Abgang von
Karl-Theodor zu Guttenberg notgedrungen das Amt des
Verteidigungsministers übernommen. Das muss ihm zugutegehalten
werden. Das Desaster beim Anwerben Freiwilliger hat er nicht
verschuldet. Doch er setzt fort, was nicht sein darf: eine
Sicherheits- und Verteidigungspolitik nach Kassenlage. Was fehlt, ist
eine gesellschaftliche Debatte über die künftige Rolle Deutschlands
in der Welt.
Will das Land internationale Verantwortung übernehmen, darf die
schon jetzt unterfinanzierte Bundeswehr nicht länger in der
Unterklasse verharren. Dann verbieten sich weitere Sparpläne, wie sie
auch de Maizière vorsieht. Scheint die Wirtschaftsmacht aber der
Meinung zu sein, sich wie die Schweiz aus allen Krisen heraushalten
zu können, benötigt das Land keine teure Alibi-Armee.
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