Südwest Presse: Kommentar zu Stuttgart 21

Grüne Gegner, rote Befürworter: Dass Stuttgart 21 der
neuen Landesregierung viel Verdruss bereiten wird, war von Anfang an
klar. Dass der eigens im Koalitionsvertrag festgehaltene Dissens nun
aber so rasch zum Koalitionskrach führt, liegt nicht zuletzt an
Verkehrsminister Winfried Hermann. Der Grüne muss zum zweiten Mal
binnen weniger Tagen Interviewäußerungen korrigieren. Das kann man
als veritablen Fehlstart bezeichnen. Dass das Land, wie von Hermann
zunächst in Aussicht gestellt, um eine Beteiligung an den Kosten für
den von ihm gewünschten Baustopp kaum herumkommen wird, ist sicher
nicht falsch. Das vorher öffentlich zu verkünden, verschlechtert aber
die Verhandlungsposition. Dass die SPD sofort versucht, dem Grünen
das Etikett „Minister für Spekulationen“ anzuhängen, ist dem Klima
der noch jungen Zweckehe aber auch nicht zuträglich. Angeblich sind
die Partner ja auf der Suche nach einem gemeinsamen „Sound“ für ihre
Politik. Das staunende Publikum vernimmt indes Dissonanzen. Offenbar
haben beide Seiten noch nicht verinnerlicht, dass sie nun regieren.
Die Zeiten der Opposition sind vorbei – die gegenseitiger
Eifersüchteleien sollten es auch sein. Wenn die Koalition nicht
schnell eine vernünftige Arbeitsbasis findet, wird sie bis zu einem
eventuellen Volksentscheid viel von dem Vertrauensvorschuss verspielt
haben, den ihr die Wähler am 27. März gewährt haben.

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Südwest Presse
Lothar Tolks
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