CSU-Chef Horst Seehofer erwartet von der
schwarz-gelben Regierungskoalition, dass sie mehr arbeite statt
Interviews zu geben. In einem Video-Interview mit der in der
Mediengruppe Madsack erscheinenden „Leipziger Volkszeitung
(Sonnabend-Ausgabe) sagte Seehofer angesichts der Debatten über den
Zustand der Regierungskoalition: „Wir sollten weniger Interviews
führen und mehr unsere Arbeit erledigen.“ Nach der Energiewende gebe
es noch sehr viel zu erledigen. Dabei verwies der CSU-Politiker und
bayerische Ministerpräsident auf die Euro-Krise, die innere
Sicherheit, die Etatsanierung, die Steuerproblematik, die Pkw-Maut
und auf die Zukunftssicherung der Pflegeversicherung. Der CSU-Chef
bedauerte, dass es die Koalition wegen des „Kleinklein“ bei der FDP
nicht geschafft habe, die Energiewende als prägendes Großereignis für
die nächsten Jahre professionell zu verkaufen. „Das hat jetzt nicht
ein Horst Seehofer oder eine Bundeskanzlerin zu verantworten, sondern
da müssen Sie eigentlich mit der FDP darüber reden“, stellte Seehofer
fest. Er bezog sich dabei auf den Streit um einen ein oder zwei Jahre
früheren oder späteren Ausstieg aus der Atomenergie. „Ich habe das
Kleinklein nicht eingeführt in die Debatte.“ Seehofer ergänzte in
diesem Zusammenhang: „Ich habe manchmal das Gefühl es sind manche
unterwegs, das gilt auch für kleine Teile der Union, bei denen die
Inkubationszeit, bis Freude über ein Projekt ausbrechen darf, zu lang
ist.“ In diesem Zusammenhang verteidigte Seehofer entschieden die
CDU-Vorsitzende und Bundeskanzlerin Angela Merkel vor Kritik auch aus
den eigenen Reihen wegen vermeintlicher überraschender Kehrtwenden in
der Politik. „Ich werde ja noch stärker in dieses Bild gestellt, ich
sei der Wendehals und ich hätte keine Grundsätze. Dieses Argument
wird gerne gebraucht, wenn die Argumente zu kurz sind. Dann wird eine
Person ins Visier genommen und das Verhalten einer Person.“ Angela
Merkel sei aber „stark“ und sie habe „eine ganz klare
Führungsstruktur“. Sie wisse auch, wohin sie im Interesse des Landes
die Regierung steuere. „Deshalb hat sie auch die Unterstützung meiner
Partei, von mir persönlich auch. Ich halte das alles für richtig.“
Jede Regierung habe in epochalen Angelegenheiten sich selbst
überdacht und neu positioniert. „Solche Bilder wie in Japan, müssen
einen vernunftgeleiteten Politiker dazu bringen, sich zu überdenken.
Und die Angst davor, wenn ich jetzt eine neue Position vertrete, dann
bin ich vielleicht der Beliebigkeitspolitiker, muss man in Kauf
nehmen“, meinte Horst Seehofer. Dass Angela Merkel darauf schaue, bei
der nächsten Wahl dafür zu sorgen, dass gegen die Union nicht regiert
werden könne, bezeichnete der CSU-Chef vor dem Hintergrund von
Vorwürfen, Merkel gebe sich nun ausgesprochen grün, als „legitimen
Anspruch“ der Union. „Wir sind mit der FDP in einer Regierung. Wir
wollen den Erfolg dieser Regierung. Nur ein Erfolg sichert auch uns
eine gute Ausgangslage in der Bundestagswahl. Ein Misserfolg einer
Regierung, das kann ja nicht ernsthaft angestrebt sein, nur um eine
Koalition zu wechseln. Das wäre eine abenteuerliche Strategie“, sagte
Seehofer. Mit Blick auf die nächsten Wahlen und auf das erstarkende
Lager der Grünen machte Seehofer in dem Interview auch deutlich, dass
eine Konstellation mit drei Kanzlerkandidaten – von Union, SPD und
Grünen – vorstellbar sei. „Prinzipiell ist die Demokratie nicht
überfordert, wenn die Menschen aus mehr als zwei Personen auswählen
können. Aber das ist keine Frage, die mich besonders beschäftigt. Wir
haben eine Kanzlerin. Und deshalb haben wir die wenigsten Probleme
mit dieser Frage.“ Er habe im übrigen gelernt, dass es nichts bringe,
sich die Frage zu stellen, wie der Gegner aufgestellt sei. „Man ist
immer gut beraten, sich auf sich selbst zu besinnen.“
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