Südwest Presse: Kommentar zu CDU-Landesparteitag

Nein, vergnügungssteuerpflichtig ist die Aufgabe von
Thomas Strobl nicht. Der neue CDU-Landesvorsitzende, den der
Parteitag in Ludwigsburg am Samstag gewählt hat, ist der erste nach
knapp 58 Jahren, der seine Autorität nicht aus dem bisher immer damit
verbundenen Amt des Ministerpräsidenten ziehen kann. Es kommt hinzu,
dass der von vielen kritisch als Strippenzieher beäugte 51-jährige
Bundespolitiker sich auch nach seinen sechs Jahren als
Generalsekretär der Landespartei breiten persönlichen Respekt erst
noch erarbeiten muss. So gesehen kann Strobl schon froh sein, mit
einem sehr ordentlichen Ergebnis ausgestattet worden zu sein. Zu
verdanken hat er das nicht zuletzt dem spät ins innerparteiliche
Rennen eingestiegenen Gegenkandidaten Winfried Mack. Denn 63 Prozent
in einer Kampfabstimmung zu bekommen, liest sich allemal besser, als
wenn man einziger Bewerber ist. Nur ein gutes Drittel der Delegierten
dagegen traute aus gutem Grund dem bisher unauffälligen Aalener
Landtagsabgeordneten Mack zu, die seit der herben Wahlniederlage im
März arg gebeutelte CDU schneller wieder aus dem Tal der Tränen
herauszuführen. Was die Sache freilich nicht nur einfacher macht:
Denn mit Strobls Sieg und Macks Niederlage ist die innerparteiliche
Unwucht ein weiteres Mal zementiert worden. Mit Peter Hauk als
Fraktionvorsitzendem, Willi Stächele als Landtagspräsidenten und
jetzt Strobl als Parteichef besetzen durchweg Leute aus dem
Oettinger-Lager die letzten der CDU verbliebenen drei landesweit
relevanten Posten. Es wird erheblicher Integrationsanstrengungen von
Strobl bedürfen, damit all jene, die Teufel, Mappus, Schavan und
Kauder in den letzten Jahren um sich scharen konnten, sich aktiv am
Parteiaufbruch beteiligen. Dass die gewesene Dauerregierungspartei
nach dem Intermezzo des glücklosen Stefan Mappus nicht nur eine
personelle Erneuerung braucht, ist unabweisbar. Da ist zum einen der
auch in der Südwest-CDU angekommene Wunsch nach einer sehr viel
stärkeren Einbeziehung der Basis. Das hat sicher auch
zeitgeistbedingte Gründe. Doch nicht nur. Dank seiner
Wagenburg-Mentalität, die in der völlig überzogenen Medienschelte in
Ludwigsburg noch einmal aufschien, ist Mappus auch von vielen in der
Partei als ein eher autoritär auftretender Vorsitzender wahrgenommen
worden. Strobl, der ihm, das sei nicht vergessen, dabei loyal zur
Seite stand, beweist Gespür, wenn er jetzt mehr Diskussion statt
Akklamation verspricht. Mitgliederoffene Parteitage zu drängenden
inhaltlichen Fragen wie der nach der Zukunft des Schulsystems könnten
ein taugliches Instrument sein, identitätsstiftende Gewissheiten und
realpolitische Notwendigkeiten zukunftsweisend auszutarieren. Doch es
geht für die Landes-CDU nicht nur um die innerparteiliche Vermittlung
von Positionen. Auf vielen Feldern ist auch die mit respektablen 39
Prozent bei der Landtagswahl bedachte Südwest-CDU längst keine
Volkspartei mehr. Schaut man an, wer im März bei den Christdemokraten
das Kreuz gemacht hat, dann sind allein die über 60-Jährigen noch
eine feste Bank für die CDU. Ansonsten ist die CDU eine Drittelpartei
geworden: bei den Frauen zwischen 20 und 60, den Arbeitnehmern dieser
Altersgruppe, dem Gros des Bildungsbürgertums. Auf vielen Feldern
sind überzeugende programmatische Antworten gefragt. Das gilt
selbstredend nicht nur für die baden-württembergische CDU. Doch hier
sind Anstrengungen möglicherweise am lohnendsten. Denn die
Oppositionspartei mit ihren 72 000 Mitgliedern ist wie keine andere
Partei hierzulande breit verwurzelt. Die Chance, dass die grün-rote
Konstellation eine Fußnote bleibt, gibt es immerhin.

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