von Stephan Richter
Der Vorschlag des haushaltspolitischen Sprechers der
Unions-Bundestagsfraktion, Gutverdiener mit höheren Steuern zu
belasten, beweist nur, wie unausgegoren die Steuerreformpläne der
schwarz-gelben Koalition in Berlin sind. Bevor überhaupt in Umrissen
klar ist, wie hoch die geplanten Entlastungen für kleine und mittlere
Einkommen sein sollen, wird am Spitzensteuersatz gedreht. Das ist
Steuerpolitik von gestern – ohne Mut, ohne Visionen und nicht
nachhaltig. Der Vorschlag des CDU-Finanzpolitikers Norbert Barthle,
der sich mit Überlegungen des CDU-Spitzenkandidaten für die nächste
Landtagswahl in Schleswig-Holstein, Christian von Boetticher, deckt,
entspricht dem zunehmend populistischeren Kurs der Union.
Von einer grundsätzlichen Reform, die das Steuersystem vereinfacht
und transparenter macht und vor allem die vielen Ausnahme-Tatbestände
abschafft, ist längst nicht mehr die Rede. Dabei ist gerade bei
Spitzenverdienern Steuergerechtigkeit nicht allein von der Frage
abhängig, ob 42 oder 45 Prozent des Jahreseinkommens versteuert
werden. Die Ungerechtigkeiten beginnen bei den vielen legalen
Schlupflöchern, mit denen Besserverdienende das zu versteuernde
Einkommen drücken können. Würde diese Möglichkeiten eingeschränkt,
kämen sehr viel mehr Steuern ins Staatssäckel als durch das Schrauben
am Spitzensteuersatz.
Aber dies bedarf eben eines weitsichtigeren Ansatzes, als in dem
neuen Steuerstreit der Koalition erkennbar. So wäre es – auch unter
rechtlichen Gesichtspunkten – ein Schritt in die richtige Richtung,
würde die fiskalische Entlastung der Bürger durch ein Auslaufen des
Solidaritätszuschlages erfolgen. Dieser ist befristet zur
Finanzierung des Aufbaus Ost eingeführt worden. Das Modell von
FDP-Finanzpolitiker Hermann Otto Solms, ihn stufenweise abzuschaffen,
würde nicht nur der Entlastung der Steuerzahler, sondern auch der
Glaubwürdigkeit dienen. Doch postwendend erklärt CDU-Haushälter
Barthle, der Verlust dieser Einnahme sei nicht zu verkraften. Zu
deutsch: Es geht primär ums Geld, nicht um den Aufbau Ost. Den
gezielten Einsatz dieser Mittel aber hat der Bundesfinanzhof gerade
erst in einer Entscheidung zur Voraussetzung dafür gemacht, dass der
„Soli“ weiter rechtmäßig erhoben werden darf.
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Stephan Richter
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