Vertrauen schwer erschüttert
Es greift zu kurz, den jetzt entlarvten Datenstaubsauger als
einmalige Panne abzutun. Denn es wäre nicht das erste Mal, dass
Sicherheitsbehörden bei der Kontrolle verschlüsselter
Internet-Kommunikation über das Ziel hinausschießen. Die
Programmierer der Spionagesoftware wussten jedenfalls genau, was sie
taten, immerhin hatten sie die rechtswidrigen Zusatzfunktionen ihres
Programms getarnt. Der Trojaner konnte damit weit mehr, als er nach
der deutschen Verfassung können durfte. Zu allem Überfluss war die
Schnüffeldatei auch noch schlecht gegen Missbrauch geschützt, eine
Einladung an Kriminelle.
Nicht nur die Bauart des vom Chaos Computer Club enttarnten
Trojaners deutet darauf hin, dass Landes- oder Bundesbehörden in den
Verfassungsbruch verstrickt sind. Ob sie ihn nur in Kauf nahmen oder
wegen fehlender technischer Kenntnisse gar nicht als solchen
erkannten, ist für den Bürger einerlei. In beiden Fällen ist das
Vertrauen in den Rechtsstaat schwer erschüttert.
Wenn selbst die intimsten Gedanken auf der Festplatte nicht mehr
geschützt sind, wenn am Computer gelauscht und gespäht werden kann,
ist die rote Linie weit überschritten. Die Verantwortlichen in Bund
und Ländern sind daher gut beraten, die Praxis ihrer
Sicherheitsbehörden sehr genau zu prüfen. So viel ist schon jetzt
klar: Ohne strengere rechtliche Vorgaben für den Einsatz von
Trojanern wird es nicht gehen.
Pressekontakt:
Neue Osnabrücker Zeitung
Redaktion
Telefon: 0541/310 207