Der Kommandeur des Luftwaffenstützpunkts der
Bundeswehr in Holzdorf (Brandenburg) und ehemalige Chef des Stabes
des deutschen Isaf-Kontingents im Hauptquartier Nord im afghanischen
Mazar-i-Sharif, Oberst Michael Dederichs, hat massive Kritik am
Afghanistan-Einsatz geübt. Das berichtet die in Halle erscheinende
„Mitteldeutsche Zeitung“ (Donnerstag-Ausgabe). Dederichs äußerte sich
demzufolge bei einer öffentlichen Veranstaltung der Evangelischen
Akademie Sachsen-Anhalt in Wittenberg. „Schwierig ist insbesondere
die Führungsarbeit unserer Politiker, unseres Parlaments und der
Spitzenmilitärs“, sagte Dederichs dem Blatt zufolge. „Die muss ich da
ganz bewusst mit an Bord nehmen. Da fehlt mir persönlich manchmal das
profunde Wissen. Ich habe manchmal das Gefühl, dass man sein Großhirn
nicht mit Detailkenntnissen plagt.“ Man müsse aber wissen, wovon man
spricht. Deutschland dürfe sich zudem „nie rein militärisch
engagieren, sondern immer mit einem Ressort-übergreifenden Ansatz.
Und wenn sich Deutschland engagiert, dann muss sich Deutschland
richtig engagieren. Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass –
das funktioniert nicht. Da kriegt man nur ein paar hinter die Ohren.
Da bezahlen deutsche Soldaten, aber auch deutsche Zivilisten mit Leib
und Leben für dieses Herangehen.“ Dederichs mahnte: „Wir müssten viel
mehr Soldaten reinschicken, wir müssten viel mehr Geld reinstecken,
wir müssten viel mehr zivile Expertise dort hinschicken. Würde man es
ernst meinen, dann müsste man das so tun. Man tut–s aber nicht.“ So
habe die Bundeswehr „teilweise strategisch wichtige Gebiete frei
gekämpft“, dann allerdings „nicht genügend Truppen“ gehabt, „um sie
zu halten“. Auch der Aufbau der Armee am Hindukusch sei zweifelhaft.
Wörtlich erklärte der Kommandeur: „Ich habe an der Effizienz und
Glaubwürdigkeit der afghanischen Streitkräfte zumindest Bedenken – um
es ganz vorsichtig auszudrücken.“ Und er sehe „den
Afghanistan-Einsatz heute ein bisschen so wie das Vietnam-Trauma in
den USA“. Der Einsatz sei halbherzig und müsse darum scheitern.
„Insofern“, so Dederichs, „kann ich die Kritik von verschiedenen
Generälen im Ruhestand gut nachvollziehen.“ Erst Ende letzter Woche
hatte sich der ehemalige Generalinspekteur Harald Kujat ähnlich
geäußert. Die Bundesregierung hatte seine Kritik indes umgehend
zurückgewiesen. Dederichs kehrte erst im Frühjahr aus Afghanistan
zurück.
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