Es ist, politisch gesehen, ein kleines Erdbeben, das
die Bundesanwaltschaft mit jener dürren Pressemitteilung, die sie
gestern kommentarlos verschickte, ausgelöst hat: Es gibt den
dringenden Verdacht, dass in Deutschland Terroristen agieren, die ihr
übles Gedankengut aus dem rechtsextremen Spektrum beziehen. Das ist
neu in einem Land, das jahrzehntelang gewohnt war, den Feind
unreflektiert in erster Linie im linken Lager zu verorten. Die
Ermittler rechnen den Heilbronner Polizistinnenmord und die
Döner-Morde einer Neonazi-Gruppe zu. Sollte sich dieser Verdacht
bestätigen, bedeutet dies nichts anderes, als dass braune Aktivisten
es nicht mehr dabei bewenden lassen, zu pöbeln und zu prügeln,
sondern dass sie – im Stile militanter US-Rassisten oder des
norwegischen Attentäters Anders Breivik – systematisch und
organisiert ihre Verbrechen nutzen, um Angst und Schrecken zu
verbreiten. Denn dies ist jenseits der einzelnen Tat das typische
Ziel terroristischer Gruppen. Die jüngsten Erkenntnisse sind ein
dringender Appell, jene Devise zu überdenken, die der ehemalige
Innenminister Thomas de Maizière ausgegeben hatte, als er die
Aufmerksamkeit vor allem auf die linke Szene lenkte. Ebenso auf den
Prüfstand gehören die Kürzungen, die in den vergangenen Jahren
gesellschaftliche Projekte gegen den Rechtsextremismus erleiden
mussten – ein gefährlicher Tunnelblick, der sich noch rächen könnte.
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Südwest Presse
Lothar Tolks
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