Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Euro-Schuldenkrise verschärft sich Der letzte Strohhalm MARTIN KRAUSE

Die deutsche Politik gerät in der europäischen
Schuldenkrise zunehmend in die Zwickmühle. Noch beharrt Kanzlerin
Merkel darauf, dass Eurobonds Gift sind und der Kauf von
Staatsamleihen durch die Europäische Zentralbank (EZB) eine
währungspolitische Sünde. Sie verteidigt eine Weisheit, die kaum
bestritten wird – dass der Anleihenkauf dem Gelddrucken gleichkommt
und früher oder später in die Inflation und den geldpolitischen
Abgrund führt. Nur leider hilft die graue Theorie nicht weiter. Denn
die Eurozone ist ein Experiment (ein ziemlich großes mit 325
Millionen Versuchsteilnehmern), für das es kein ernstzunehmendes
Vorbild gibt. Ein Währungsunion mit eher losen Vereinbarungen, in der
allzu lange jeder machte, was er wollte. Die Politiker haben ihr
Länder aus politischen Gründen in die Sackgasse geführt – jetzt
müssen sie pragmatische Wege heraus finden. Selbst Deutschland kann
sich nicht mehr sorgenfrei am Anleihenmarkt bedienen. Da klingt der
Rat von Altkanzler Schröder, die EZB möge ankündigen, dass sie
unbegrenzt Staatsanleihen aufkauft, wie eine Einsicht in das
Unvermeidliche. Provokativ, aber vielleicht die ultima ratio. Halten
die Staaten strikten Sparkurs, könnte das Manöver sogar gelingen. Im
Idealfall. Eine eng abgestimmte europäische Finanzpolitik wäre dafür
geboten. Ob der Leidensdruck schon groß genug ist für die Gründung
eines Bundesstaates Europa, wie ihn Schröder fordert, darf bezweifelt
werden.

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