Mindener Tageblatt: Kommentar zu FDP/Lindner-Rücktritt / Schon in der Kernschmelze?

Auweh, FDP. Jetzt wirft auch noch Generalsekretär
Lindner das Handtuch. Offensichtlich stimmte die Chemie zwischen dem
einstigen Westerwelle-Zögling und der neuen Parteispitze nicht – ob
nicht mehr oder noch nie, wer will das schon so genau wissen?

Im Ergebnis ist jedenfalls ein weiterer Tiefschlag in der
öffentlichen Wahrnehmung zu verzeichnen. Und das mitten hinein in die
noch keineswegs ausgestandene Aufregung um den gefährlichen
Mitgliederentscheid zum Euro. In dem sich, das nur am Rande, die
Parteiführung – einschließlich Herrn Lindners – bis zum Schluss mehr
als ungeschickt angestellt hat.

Seit ihrem phänomenalen Bundestagswahlergebnis vor etwas mehr als
zwei Jahren geht es für die Liberalen im Prinzip ungebremst bergab.
Die neue Fallhöhe machte den erneuten Absturz unter die endgültig
gebannt geglaubte Fünf-Prozent-Existenzhürde besonders schmerzlich.
Und, den Niedergang verstärkend, aufmerksamkeitsträchtig.

Koalitionspartner hin, Wilderer im liberalen Milieu her: Schuld
war die FDP stets selbst, wollte es sich aber nie eingestehen.
Fragwürdige Wahlgeschenke, überflüssige Koalitionsstreitereien, wenig
sensible Steuersenkungssturheit und unnötige Personalquerelen führten
zu Wahlniederlagen in Serie, schließlich zur (Selbst-)Demontage des
eben noch als Lichtgestalt vergötterten Parteichefs Westerwelle. Die
an seiner Stelle installierte Boygroup verkörperte bislang weder
parteiintern noch öffentlich die behauptete Dynamik, sondern eher
Hilflosigkeit angesichts eines in alle möglichen Richtungen
wegsickernden Wählerreservoirs.

Ob hier tatsächlich die Kernschmelze eingesetzt hat und das den
Liberalen schon so oft geläutete Totenglöcklein diesmal mit Recht
bimmelt, entscheidet sich bis zur nächsten Bundestagswahl. Doch, das
Land braucht eine liberale Partei. Die aber braucht auch eine
Außendarstellung inklusive Führung, der man das abnimmt.

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