Vor 35 Jahren hat die ÖVP unter dem Eindruck des
ersten Erdölpreis-Schocks ein neues Steuerkonzept vorgelegt: Energie
sollte höher besteuert werden, dafür sollte auf Arbeit weniger Steuer
erhoben werden. Die SPÖ brauchte etwas länger, um die „Ökologisierung
des Steuersystems“zu beschließen – aber im Prinzip ist sie aber seit
zwei Jahrzehnten dafür.
In der Praxis sind aber beide Regierungsparteien weit davon entfernt,
ökologische Elemente in ihr Sparpaket zu packen. Die SPÖ nicht, weil
eine Besteuerung der Reichen gerechter klingt als ein noch so
differenziertes Paket von Umweltsteuern – letztlich bliebe da nur
hängen, dass der kleine Mann mehr zu zahlen hat, wenn er sich in sein
Auto setzt.
Die ÖVP traut sich aus ähnlichen Gründen nicht. Sie hat sich darauf
festgelegt, dass es keine neuen Steuern geben soll, gar keine neuen
Steuern. Ein klares Nein ist aus ihrem parteitaktischen Kalkül leicht
zu kommunizieren – leichter jedenfalls als eine Änderung der
Besteuerungsgrundlagen, die nach Vorstellungen von Umweltschützern
neben Energieverbrauch und Klimabelastung auch anderen
Ressourcenverbrauch und Landschaftszerstörung treffen sollten.
Berechnungen des Ökosozialen Forums, nach denen eine Umschichtung von
2,5 Milliarden Euro von Besteuerung der Arbeit auf Besteuerung von
Ressourcen 0,7 Prozent Wachstum und 50.000 neue Jobs bringen könnten,
sind offenbar schwieriger zu verstehen als der tägliche
Schlagabtausch um Vermögenssteuern und Sonderabgaben für angeblich
Reiche.
Also bleibt alles beim Alten.
Das allein ist schon schlimm genug: Da haben sich zwei Parteien
zusammengetan, um mit ausreichendem Abstand zur nächsten Wahl –
immerhin noch 20 Monate – tiefgreifende Reformen anzugehen. Und wenn
es darauf ankäme, die eigenen, noch dazu weitgehend übereinstimmenden
Programme umzusetzen, verlässt sie der Mut.
Es geht aber noch schlimmer: Wenn die Regierungsparteien schon nicht
den Mut haben, das Steuersystem ähnlich engagiert umzubauen, wie es
etwa Dänemark vorgemacht hat, so könnten sie doch wenigstens jene
Subventionen und Steuerprivilegien durchforsten, die zulasten der
Umwelt gehen.
Aber selbst dazu fehlt der Mut: Wenn 900.000 Österreicher mit
Firmen-Pkws unterwegs sind, dann traut man sich nicht, die durchwegs
unsozialen Steuervergünstigungen zu streichen. Lieber lässt die
Bundesregierung 1,6 Milliarden Euro, die das Steuerprivileg laut
einer EU-Studie kostet, im wahrsten Sinn des Wortes auf der Straße
liegen.
Es mag ja sein, dass die Bauern beleidigt reagieren, wenn man ihnen
die Subventionierung des Agrardiesels streicht – aber wenn man alle
Ausnahmen von der Mineralölsteuer (darunter: Schiffsdiesel, Diesel
für Schienenfahrzeuge und Busse sowie Flugbenzin) streichen könnte,
wären 400 bis 500 Millionen Euro zu holen.
Natürlich erfordert es Mut zur Wahrheit, wenn man
Subventionsempfängern klarmachen muss, dass ihre Privilegien mit den
heutigen politischen Zielen nicht mehr übereinstimmen. Ja, das würde
Häuselbauer und Pendler treffen – aber man muss doch auch fragen, ob
es gerecht ist, dass der Manager sein Haus im Grünen subventioniert
bekommt, indem er die gleiche Pendlerpauschale lukriert, die auch die
pendelnde Supermarktkassierin erhält.
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Der Standard
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