LVZ: CSU-Chef Seehofer will ab sofort nur noch im Kammerton politisieren / Medien und Politik müssten nach Wulff-Affäre ihr „Jagdfieber“ überdenken

Horst Seehofer, yayerischer Ministerpräsident und
CSU-Vorsitzender, ist von seiner kommissarischen Amtsvertretung des
Bundespräsidenten offenbar tiefer geprägt, als er bisher zu erkennen
gab. In einem Interview mit der „Leipziger Volkszeitung“
(Montag-Ausgabe) sagte Seehofer: „Ich habe in den letzten vier Wochen
Neues dazu gelernt. Eine schöne Erfahrung war in den letzten Wochen,
dass mir viele Menschen gesagt habe: Behalten Sie doch diesen
Kammerton bei.“ Er wolle dies bei seiner weiteren Tätigkeit als
Regierungschef und CSU-Vorsitzender beherzigen. „Ich habe jedenfalls
vor, dass ich manche Erfahrungen aus meiner Zeit als kommissarischer
Bundespräsident auf meine Ministerpräsidententätigkeit übertrage“,
sagte Seehofer. Zugleich forderte der Politiker eine Neubestimmung
des Miteinanders von Medien und Politik nach dem abrupten Ende der
Ära Wulff ein. Machtkontrolle sei notwendig. Aber dürfe „nicht
abgleiten in reines Jagdfieber und ohne Rücksicht darauf, dass man es
immer auch mit Menschen zu tun hat“, so Seehofer. Betroffene, auch
wenn sie Fehler gemacht hätten, hätten einen respektvollen Umgang
verdient. „Ich habe mir fest vorgenommen, wenn der zeitliche Abstand
etwas größer ist, dass wir das Thema tiefer beleuchten und
aufarbeiten, welches Verhältnis Politik und Medien, zueinander haben.
In den letzten Wochen und Monaten war das Verhalten auf beiden Seiten
keine Sternstunde der Demokratie“, meinte Seehofer. Mit Blick auf den
neu gewählten Bundespräsidenten Joachim Gauck betonte Seehofer,
dessen Unabhängigkeit von Parteien und von der Kanzlerin sei „ein
Vorteil“. Nach seinen bisherigen Begegnungen mit ihm „gehe ich sicher
davon aus, dass er diese Unabhängigkeit auch nutzen wird“, sagte
Seehofer. „Er wird manchen Diskurs auslösen und keine politische
Seite wird ihn vereinnahmen können.“ Man solle aber nicht vom idealen
Präsidenten als Typ sprechen. „Wenn etwas ideal wirkt, dann sind das
meist Kunstfiguren, die gern von den Medien und der Öffentlichkeit
entsprechend konstruiert werden – aber der Praxis nicht stand
halten“, sagte der CSU-Politiker, der sich zugleich skeptisch
gegenüber dem früher praktizierten Jugend-Trend bei der Besetzung
politischer Ämter zeigte. „Für mich war das auch nur ein Zeitgeist.
Deshalb sollte man weder nach Alter, noch Geschlecht oder nach
geografischer Herkunft gehen, sondern einfach danach, ob eine Frau
oder ein Mann die Aufgabe verantwortlich mit hohem Niveau wahrnehmen
kann“, so Seehofer. „Leider Gottes gibt es dann so Stimmungssprünge.
Ich habe mich nie nach diesen Stimmungsintervallen gerichtet.“

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