DER STANDARD-Kommentar „Der Preis der Politik“ von Michael Völker

Michael Spindelegger hält eine Rede. Nicht
irgendeine, sondern eine „Österreich-Rede“. Das schürt Erwartungen.
Ob der ÖVP-Chef in der Lage ist, diese zu erfüllen, wird man am
Montag wissen. Die _Latte ist jedenfalls sehr hoch gelegt, da muss
schon etwas Programmatisches kommen, etwas, das man sich merkt.
Spindelegger hat dabei ein Vorbild, an dem er sich nicht messen
lassen will: Josef Pröll, der ÖVP-Chef von 2008 bis 2011, an den so
viele in der Partei und dar_über hinaus Hoffnungen geknüpft _hatten.
Pröll war zwar ein schlechter Rhetoriker, aber insgesamt eine
spannende Figur, auch als Politiker. Pröll war ein
Ankündigungsmeister, einer, der der Welt einen Haxen ausreißen wollte
oder zumindest vorgab, dies tun zu wollen. Meist legte er sich die
Latte so hoch, dass er später bequem drunter durchspazieren konnte.
Ein Vorschlag von Pröll wirkt bis heute nach: Die
Transparenzdatenbank, die er in seiner Rede 2009 zum „Projekt
Österreich“ eingefordert hatte. Mittlerweile hat Pröll eine weitere,
sehr grundsätzliche Rede gehalten, nämlich die zu seinem Abschied,
die Transparenzdatenbank gibt es aber nach wie vor nicht. Vor wenigen
Tagen erst einigten sich Bund und Länder auf die weitere
Vorgangsweise, 2014 kommt die Transparenzdatenbank, vielleicht auch
erst 2015, vielleicht auch gar nicht. Wärx{2588} schad drum.
Jetzt, da alle über Transparenz reden und die Regierung ein
entsprechendes Paket schnürt, wäre auch_ eine solche Datenbank, die
einen Überblick über alle Förderungen von Bund und Ländern geben
soll, hilfreich. Doppelgleisigkeiten könnten sichtbar gemacht und
verhindert werden. Ob Spindelegger das noch als ÖVP-Chef erleben
wird?
Immerhin kann er sich zugute_halten, bei der Finalisierung des
Transparenzpakets (Offenlegung der Parteifinanzen und Spenden,
umfassende Rechenschaftsberichte, Lobbyistenregister,
Korruptionsstrafrecht) eine entscheidende Rolle gespielt zu haben –
und Meilensteinchen mindestens, gar nicht so klein. Wenn die
Regierung das auf die Beine bringt, am Dienstag sollte es so weit
sein, ist ihr schon etwas gelungen.
Ausgerechnet einer, der helfen wollte, in erster Linie sich selbst,
könnte dabei aber einen Bock geschossen haben. Pröll, der andere, der
große und niederösterreichische Erwin nämlich, hat sich mit der
Forderung nach der Abschaffung der Wahlkampfkostenrückerstattung
hervorgetan und durchgesetzt.
Das könnte sich aus Sicht der Steuerzahler allerdings als
Rohrkrepierer erweisen. Die Zustimmung der Koalitionsparteien zur
Abschaffung der Wahlkampfkostenrückerstattung (2008 waren das etwa 14
Millionen Euro an alle Parteien) kam nur deshalb so flott, weil weder
SPÖ noch ÖVP vorhaben, mit weniger staatlichem Geld auszukommen: Sie
schlagen diese Summe auf die jährliche Parteienförderung auf. Dabei
hilft die sogenannte Harmonisierung der Parteienförderung: Wenn diese
Förderung harmonisiert wird, wird sie in manchen Bundesländern wohl
sinken, für die Bundesparteien aber definitiv steigen. Die Parteien
stecken sich das Geld also von der einen Tasche in die andere.
Vielleicht mag das Spindelegger in seiner „Österreich-Rede“
ansprechen, er könnte thematisch direkt an die Transparenzdatenbank
seines Vorgängers Josef Pröll anschließen. Und die Wähler können sich
dann zusammenrechnen, was es kostet, für dumm verkauft zu werden.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

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