WAZ: Die SPD hofft auf Hannelore Kraft – Kommentar von Ulrich Reitz

Hannelore Kraft ist nicht nur die alte und neue
Ministerpräsidentin des bevölkerungsreichsten Bundeslandes. Sie ist
auch die neue Hoffnungsträgerin der SPD. Parteichef Sigmar Gabriel
hat sie schon einmal als Kanzlerkandidatin der Sozialdemokraten ins
Spiel gebracht, die Debatte wird ab heute eine eigene Dynamik
entfalten. Dies umso mehr, als die SPD mit Kraft als
landesmütterlicher Identitätsfigur gegen den Bundestrend zugelegt
hat, und zwar um satte zehn Prozent. Es ist umgekehrt wie in der CDU,
wo Norbert Röttgen mit ungefähr demselben Abstand gegen den
Bundestrend verlor. Im Wahlkampf hat Kraft versprochen, in NRW zu
bleiben. Dieses Versprechen wird sie nicht brechen wollen: Erstens,
weil man es ihr glauben kann, zweitens, weil man eine frisch gewählte
Regierung nach knapp einem Jahr schlecht allein lassen kann. Kraft
weiß zudem genau, dass schon einmal ein NRW-Spitzenpolitiker auf dem
Bundesparkett ausgerutscht ist: ihr Stil-Vorgänger Johannes Rau. Der
schien im Land schier unschlagbar, aber für ganz Deutschland gelten
eben andere Gesetze. Die Ruhrgebietssprache, die im Revier Identität
und Heimat stiftet, wirkt in Bayern und Baden-Württemberg und
Schleswig-Holstein eben fremd. Schließlich: Weshalb sollte ein
politisches Spitzenamt in Berlin auch erstrebenswerter sein als eins
in Düsseldorf, näher bei den Menschen als in dem abgehobenen
Bundeshauptstadt-Raumschiff.

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