Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW)
hat einen ungewöhnlichen Vorschlag gemacht. Zwangsanleihen und
einmalige Abgaben auf hohe Privatvermögen sollen zum Abbau der
Staatsschulden in Europa beitragen. Die „Reichenabgabe“ schlage nicht
auf den Konsum durch und wirke der wachsenden Ungleichheit entgegen.
Da ist was dran. Und doch weckt der Begriff „Zwangsanleihe“ unschöne
Assoziationen. Ältere dürften sich an den „Wehrbeitrag“ von 1913 oder
an das „Reichsnotopfer“ von 1919 erinnert fühlen. Wem das zu weit
zurück liegt, hat vielleicht noch die „Investitionshilfeabgabe“ von
1982 im Hinterkopf, die am Ende das Verfassungsgericht einkassierte.
Kurzum: Zwangsanleihen und Sonderabgaben sind für absolute Notzeiten
reserviert und kommen heute schnell mit dem Grundgesetz in Konflikt.
Im Übrigen bleiben die Details des DIW-Vorstoßes vage. Wie sollen
Immobilien und Sachvermögen berücksichtigt werden? Schlägt der
Fiskus, wie den Forschern vorschwebt, bereits ab 250 000 Euro
Vermögen zu, würden auch nicht nur „Reiche“, sondern die breite
Mittelschicht zur Kasse gebeten. Das geht zu weit. Wer hierzulande
für eine bessere Verteilung des Wohlstandes kämpft, kann mit einer
einfachen Vermögenssteuer mehr erreichen. Das heißt nicht, dass das
DIW-Konzept sofort in den Schredder gehört. Tatsächlich weisen gerade
Krisenstaaten wie Italien, Griechenland oder Portugal ein ungeheures
Missverhältnis zwischen hohen Privatvermögen und öffentlichen
Schulden auf. Gelänge es hier, auch nur einen kleinen Teil dieser
Vermögen für den Staat zu mobilisieren, wären die hohen
Staatsschulden Geschichte. Griechische Reeder und italienische
Steueroptimierer könnten die sogenannte Schuldenkrise mit einem
Schlag lösen. Ob das mit einer Zwangsanleihe oder über andere Abgaben
passiert, ist nebensächlich – wichtig ist, dass nicht wie bislang nur
ärmere Menschen über eine Kürzung der Staatsausgaben die Lasten der
Krise tragen.
Pressekontakt:
Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung
Redaktion
Telefon: 0201/8042616