Neue OZ: Kommentar zu Annette Schavan

Modernisierte Spitze

Annette Schavans Rückzug aus der Parteispitze kommt so ungeschickt
daher wie ihr gesamtes Wirken in jüngster Zeit. Die Modernisierung
der Bildungspolitik sei vollzogen, behauptet sie, um daraus
abzuleiten, dass es Zeit zu gehen sei.

Das Zweite stimmt, das Erste nicht. Wenn, sollte sie also
vielleicht eher als Bildungsministerin aufgeben, nicht als
stellvertretende Parteivorsitzende. Als wären es Erfolge, was sie
„Modernisierung“ nennt: unausgegorene Bachelor- und
Master-Abschlüsse, immer mehr krude Studiengänge an einer wuchernden
Vielfalt von Hochschulen, intransparente Exzellenz-Initiativen, ein
heilloses Zulassungschaos und viele Fragen rund um unlautere
Doktorarbeiten, wozu auch ihre eigene gehören könnte. Vom
länderdominierten Schulwesen ist hier gar nicht die Rede, wo Schavan
keine einigenden Akzente zu setzen vermochte.

Nein, hier ist nichts modernisiert. Eher modernisiert Angela
Merkel weiterhin die Parteispitze. Denn mit Schavan geht eine
Repräsentantin des rheinisch-katholischen Flügels vielleicht auch
deshalb, da die zuweilen müde wirkende Veteranin in den eigenen
Reihen kaum noch gehört wurde.

Ein Nachfolger ähnlicher Provenienz soll für mehr Ruhe an der
Südwest-Front sorgen. Wichtig für Merkel, denn in der Krise braucht
sie als Vorsitzende eine möglichst geschlossene Partei. Ob in
Bundestag oder Bundesvorstand: Derzeit hat sie das Gegenteil.

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