Es sind seine Tage nicht: Der Berliner Innensenator
Frank Henkel (CDU) steckt in der Krise. Auch am Mittwoch konnte er
nicht aufklären, was da alles schiefgelaufen ist in Berlin, mit dem
V-Mann, bei der Aufklärung der NSU-Affäre, bei der Kommunikation mit
dem Generalbundesanwalt in Karlsruhe. Schlimmer noch: Henkel
verstrickt sich jetzt in einen kleinlichen Streit mit dem
Generalbundesanwalt. Das kann eigentlich nur schiefgehen.
Am Mittwoch, dem siebten Tag nachdem bekannt geworden ist, dass
eine Spur zum Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) auch nach
Berlin führt, machten beide Seiten sich gegenseitig neue Vorwürfe.
Henkel gestand zwar erneut Fehler ein, scheint aber jetzt seine
amtierende Polizeipräsidentin Margarete Koppers für all das, was
schiefgelaufen ist, verantwortlich zu machen. Koppers, die im März
nach Karlsruhe geflogen war und die Gespräche mit der
Bundesanwaltschaft geführt hatte, hatte Henkel offensichtlich
anschließend informiert, dass der Generalbundesanwalt die
Ermittlungen führen wollte und deshalb dagegen war, dass
Informationen schon zu diesem Zeitpunkt an den
NSU-Untersuchungsausschuss weitergegeben werden. Henkel hatte sich
darauf verlassen und dies öffentlich so dargestellt, doch der
Bundesanwalt widersprach am Dienstag – und setzte den Innensenator
damit noch mehr unter Druck. Am Mittwoch nun gab Koppers eine lange
Erklärung ab, in der sie auf vielen Zeilen ausführt, wer was hätte
weitergeben dürfen, wo doch auch dem V-Mann Vertraulichkeit
zugesichert worden war. Viel schlauer wird man daraus nicht.
Auch wenn es wie ein Bauernopfer aussieht: Henkel will sich
offenbar von Margarete Koppers trennen, weil er sich nicht auf sie
verlassen kann. Das hätte er schon früher erkennen können. Erinnern
wir uns: Als die große Koalition gebildet wurde, erklärte Koppers,
die Beteiligung der CDU an der Regierung sei ein Rückschritt für die
Sicherheitspolitik in Berlin. Dann, im Mai, informierte Koppers den
Innensenator erst nach mehreren Tagen, dass am Rande der
1.-Mai-Demonstrationen drei Rohrbomben gefunden worden waren – die
sich glücklicherweise als nicht explosionsfähig herausstellten. Und
nun die Kommunikationspannen bei dem V-Mann, der vom
Landeskriminalamt, also von der Berliner Polizei geführt wurde.
Doch all dies kann nicht davon ablenken, dass auch Henkel Fehler
gemacht hat. Wer als Senator regieren will, darf sich nicht nur
formal an Fristen halten, sondern muss auch politisch sensibel sein.
Die zehn Morde, die das NSU-Trio mutmaßlich begangen hat, und die
vielen Ermittlungsfehler haben das Vertrauen in die
Sicherheitsbehörden grundlegend erschüttert. Wenn Henkel also im März
erfuhr, dass die NSU-Spur auch nach Berlin führt, hätten alle
Alarmglocken schrillen müssen. Das bloße Verwalten von
innenpolitischen Vorgängen, das mag für manchen schon Politik sein,
aber das Erkennen der wichtigsten innenpolitischen Themen und der
sensible Umgang damit, das ist die hohe Kunst der Politik. Henkel
beherrscht sie noch nicht.
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