Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTAR Doktorarbeit von Annette Schavan Rücktritt wahrscheinlich CARSTEN HEIL

Es wird enger für Annette Schavan. Seit bekannt
ist, dass ein Gutachterausschuss der Universität Düsseldorf schwere
Vorwürfe gegen die Bildungsministerin erhebt, gerät ihr Ministeramt
in Gefahr. Auf 60 von 351 Seiten ihrer Doktorarbeit soll die CDU-Frau
ohne Quellenangaben zitiert haben. Ein Prüfer spricht von „leitender
Täuschungsabsicht“. Wenn das richtig ist, handelt es sich nicht um
bisher unerkannte Fehler in der Arbeit, die vielleicht die Gesamtnote
verschlechtern. Dann wäre es Vorsatz, Schavan verlöre den Doktortitel
und das Ministeramt. Schon jetzt ist fraglich, ob sie bei so
schwerwiegenden Problemen Regierungsmitglied bleiben kann. Sie ist
nicht für Landwirtschaft und Forsten zuständig, sie ist die
Bildungsministerin, verantwortlich für Wissenschaft und Forschung.
Genau das Gebiet, auf dem sie nun so unter Druck steht. Und sie lebt
von ihrem Image als besonders korrekte und aufrechte, sachliche
Politikerin. Genau das, was sie ausmacht, steht in Frage. Schavans
eigene Reaktion, dass die Vorwürfe sie „im Kern berühren“, macht auch
die emotionale Dramatik deutlich. So bitter es für sie persönlich
ist, es wäre sehr überraschend, wenn sie ihr Ministeramt behielte.
Auch wenn ihr der zuständige Promotionsausschuss den Titel lässt.
Eher wahrscheinlich ist, dass sie selbst die Kanzlerin um ihre
Ablösung bittet. Besonders pikant: Sie war es, die mit extrem spitzer
Bemerkung den Rücktritt von Verteidigungsminister zu Guttenberg wegen
ähnlicher Verfehlungen herbeigeführt hat.

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