In der seit Wochen andauernden Diskussion um die
Praxisgebühr hätte der Bundesrat gestern die Führung übernehmen
können, wenn er für die Abschaffung der umstrittenen
Zehn-Euro-Pauschale gestimmt hätte. Immerhin sieben Länder, darunter
auch Bremen und Hamburg, hatten sich der Bundesratsinitiative
angeschlossen, um die seit 2004 erhobene Abgabe zu kippen. Doch die
Länderkammer hat sich mehrheitlich um eine Entscheidung gedrückt und
die Angelegenheit in die Ausschüsse verwiesen. Entscheidungsschwäche,
lautet die Erstdiagnose des geneigten Bürgers – wobei die
versammelten Regierungschefinnen und -chefs bei solch eklatanten
Defiziten ihren Beruf klar verfehlt hätten. Und deshalb dürfte die
gestrige Nicht-Entscheidung anders zu erklären sein: Der Länderkammer
ging es gar nicht um die Sache, sondern um die Taktik. Der Verdacht
liegt nahe: Die von Union und FDP gestellten Regierungen wollten –
oder sollten – dem Koalitionsgipfel am Sonntagabend in Berlin nicht
vorgreifen. Da geht es um nichts anderes als um einen Kuhhandel:
Bekommt die CSU ihr Betreuungsgeld, kann die FDP auf das von ihr seit
Langem geforderte Aus für die Praxisgebühr hoffen. SPD und Grüne
werden den Liberalen in diesem Punkt insgeheim zwar die Daumen
drücken. Aber weil die FDP zu den politischen Gegnern gehört, wollten
die rot-grün-regierten Länder den um die Existenz kämpfenden Freien
Demokraten nicht zu Hilfe eilen.
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