Allg. Zeitung Mainz: Alles Faulenzer? / Kommentar zu Hartz-IV-Sanktionen

Die Nachricht, dass die Arbeitsverwaltung binnen
eines Jahres erstmals mehr als eine Million mal Leistungen für
Hartz-IV-Empfänger gekürzt hat, ist allein der schieren Größe wegen
erschreckend. Und sie ist auch dazu angetan, Vorurteile der schlimmen
Art zu schüren: alles Faulenzer, die es sich auf Kosten des Staates
und damit zulasten des Steuerzahlers, wenn auch auf bescheidenem
Niveau, gut gehen lassen. Gut, dass sie erwischt wurden. Schaut man
indes genauer hin, dann belegt die Statistik, dass sich fast 97
Prozent aller 4,35 Millionen Hartz IV-Empfänger an Recht und Gesetz
halten, und zwar penibel. Und unter denen, die für drei Monate bis zu
30 Prozent gestrichen bekommen, ist nur jeder Siebte ein aktiver
Verweigerer. Also doch alles in Butter? Wieder einmal eine Statistik,
die mehr verwirrt als erklärt und aufklärt? Leider nein, denn das
Gros derer, die abgestraft wurden, ist erst gar nicht bei den
Jobcentern erschienen, um Arbeitsplatzangebote anzunehmen, obwohl es
davon – derzeit zumindest – offenbar mehr als reichlich gibt. Das
kann bedeuten, dass sich Hunderttausende längst mit ihrem Dasein am
Rande der Gesellschaft abgefunden haben und es ihnen trotz aller
Entbehrung und möglicher Sanktionen längst egal ist, ob sich jemand
bemüht, sie wieder in Lohn und Brot zu bringen. Wenn das wirklich so
ist, dann braucht es weit mehr als nur Sanktionen, um hierzulande der
Dauerarbeitslosigkeit so vieler Menschen Paroli zu bieten. Dann
braucht es den Einsatz von uns allen, um sie davon zu überzeugen,
dass auch sie eine Zukunft haben, wenn sie aufhören, sich selbst
aufzugeben.

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