Köln. Der Anwalt von zwei Opfer-Familien des
„Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU), Mehmet Daimagüler, hat
Kritik am nordrhein-westfälischen Landesjustizprüfungsamt geübt und
ihm die Verbreitung ausländerfeindlicher Klischees vorgeworfen. Im
Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Dienstag-Ausgabe) bezog
er sich konkret auf eine Prüfungsaufgabe für Examenskandidaten im
Jahr 2010, die das Amt jetzt publik machte. Erzählt wird darin die
Geschichte der türkischen Migrantin Sabahat Yilmaz, die in
Gelsenkirchen einen Obst- und Gemüseladen betreibt und nun auch den
türkischen Nachbarimbiss übernehmen will. Der Imbiss soll den Namen
„Dönerparadies“ tragen. Neben Sabahat Yilmaz möchte ihr Sohn Bülent
darin mitarbeiten. Letzteres will die Gelsenkirchener
Stadtverwaltung allerdings nicht genehmigen. Denn Bülent Yilmaz ist
als Rauschgifthändler in Erscheinung getreten. Und die örtliche
Bürokratie befürchtet, „dass auch die Gaststätte Dönerparadies zur
Anlaufstelle für Dealer und Drogenkonsumenten wird“. Es sei darum
„sicherzustellen, dass hier nicht das Gewerbe auf die Mutter
übertragen wird, in Wirklichkeit jedoch der Sohn das Gewerbe führt
und betreibt“. Daimagüler moniert, dass in dem vorliegenden Fall
„kein Klischee oder Vorurteil ausgelassen“ worden sei und so dafür
gesorgt werde, „dass unsere Nachwuchsjuristen auch ganz bestimmt ein
bestimmtes Migrantenbild im Kopf haben“. Dann fährt er fort: „Wieso
glaubten leitende Polizeibeamte bei den NSU-Morden automatisch und
vollkommen falsch, dass es sich bei den kleingewerbetreibenden Opfern
um Kriminelle und Drogenhändler handeln müsse? Hat das vielleicht
auch mit der Ausbildung unserer Juristen und Polizisten zu tun?“ Das
sei die entscheidende Frage. Das nordrhein-westfälische
Justizministerium, dem das Landesjustizprüfungsamt untersteht,
widersprach. Der Fall sei keineswegs erfunden, erklärte ein Sprecher
dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Er habe sich vielmehr so ähnlich 1999 im
hessischen Darmstadt ereignet und sei vereinfacht auf
NRW-Verhältnisse übertragen worden. „Wir versuchen, die Wirklichkeit
abzubilden“, betonte der Sprecher. „Wir wollen keine Vorurteile
schüren. Im Gegenteil.“ Trotzdem werde man die Sache noch einmal
prüfen.
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