Rheinische Post: Hochverrat in Prag Kommentar Von Matthias Beermann

In der tschechischen Politik wird häufig mit
harten Bandagen gekämpft, und der in wenigen Tagen aus dem Amt
scheidende Staatspräsident Vaclav Klaus gehörte immer zu jenen, die
ganz besonders gerne austeilen. Doch nun wird er selber zum
Prügelknaben. Der Senat in Prag hat beschlossen, gegen das
Staatsoberhaupt Klage wegen Hochverrats einzureichen. Das klingt zwar
viel dramatischer als es ist – der Vorwurf des Hochverrats ist
faktisch die einzige Möglichkeit, den Präsidenten in Tschechien vor
den Kadi zu zerren. Aber der drohende politische Schaden für das Land
ist dennoch ganz erheblich. Klaus wird vor allem eine umstrittene
Amnestie vorgeworfen, mit der er unter anderem auch zahlreiche
Verfahren gegen Wirtschaftsstraftäter gestoppt hatte. Außerdem wird
ihm zur Last gelegt, er habe die tschechische Unterschrift unter den
EU-Vertrag von Lissabon lange Zeit mutwillig sabotiert und seinem
Land dadurch geschadet. Die Klage ist aber vor allem der Versuch des
politischen Nachtretens. Das ist unwürdig und überdies völlig
überflüssig: Klaus ist bei seinen Landsleuten längst in Ungnade
gefallen.

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