Man mag sich gar nicht vorstellen, welche
familienpolitischen Ideen bis zur Bundestagswahl noch alle geboren
werden. Jetzt also der Rechtsanspruch auf Rückkehr in Vollzeit,
flankiert von „familienbewussten Arbeitszeiten“. Dieser Vorschlag
kommt von der gleichen Koalition, die zumindest in Teilen
Mindestlöhne für Teufelszeug hält und nicht wenige Menschen zwingt,
Überstunden abzuleisten oder Zweitjobs anzunehmen, um am Monatsende
halbwegs anständig bezahlt zu sein. Familienbewusst? Vielen Männern
und Frauen dürfte das bittere Lachen imHals stecken bleiben. Wie
abgehoben darf Wahlkampf eigentlich werden? Aber hinter dem
plötzlichen Werben um Familien steckt noch mehr als der übliche
Aktionismus vor einer Wahl. Nicht nur Union und FDP, sondern alle
Parteien sind mit dem Thema Rechtsanspruch auf Kita-Plätze und
Betreuung einigermaßen gescheitert. Die Situation mag sich verbessert
haben, aber von einer flächendeckenden Lösung des Problems ist man
noch weit entfernt. Was zwingt denn weiterhin vor allem Frauen
Teilzeitjobs auf, wenn nicht die Tatsache, dass Beruf und Familie nur
so unter einen Hut zu bringen sind? Jetzt soll die Wirtschaft da
helfen, wo die Politik den Mund zu voll genommen hat. Die Wirtschaft,
die erst einmal ganz andere, völlig legitime Interessen hat und sich
erst langsam über den natürlich unbestreitbaren Wert
familienfreundlicher Beschäftigungsmodelle klar wird. Dieser
Bewusstseinswandel wird lange dauern und kann nicht erzwungen werden,
und deshalb gibt es auf die heiße Gipfel-Luft nur eine Antwort:
Deutschlands Eltern haben definitiv mehr Ernsthaftigkeit bei der
Auseinandersetzung mit ihren Problemen verdient. Von allen Parteien.
Pressekontakt:
Allgemeine Zeitung Mainz
Florian Giezewski
Regionalmanager
Telefon: 06131/485817
desk-zentral@vrm.de