–Krisenwaisen– in Griechenlands Kinderdörfern

„Krisenwaisen“ werden sie genannt – die griechischen Kinder, deren Eltern sich nicht mehr anders zu helfen wissen als mit dem Gang ins SOS-Kinderdorf: Dort geben sie die Kleinen ab, weil es daheim finanziell einfach nicht mehr weitergeht. Eine Reportage von Ralph Gladitz im Ersten.

Marina T. ist zur Zeit nah am Wasser gebaut, immer wieder kommen der 60-jährigen die Tränen. Sie gehört zu denen, die in Griechenland anpacken, statt zu resignieren oder zu wüten. Ihr Weg ist eindeutig der härtere.

Die erfahrene SOS-Mutter, eigentlich gestählt durch die Betreuung mehrerer Kindergenerationen, bekommt zunehmend „Krisenwaisen“ ins Haus, die von ihren Eltern abgegeben werden, damit es ihnen besser gehe, materiell und seelisch.

Der Trennungsschmerz, die Scham, die Ängste müssen aufgefangen werden – und gleichzeitig nagt die Krise auch an den Kinderdorf-Müttern. Denn die SOS-Organisation, in Griechenland seit 1975 aktiv, stößt mittlerweile an ihre Leistungsgrenzen, wie BR-Reporter Ralph Gladitz bei seinem Besuch vor Ort feststellen musste.

Die drei Kinderdörfer, zwei Jugendeinrichtungen und sieben Sozialzentren erleben einen massiven Anstieg von Hilfesuchenden. Auch wenn die Spendenbereitschaft im Land selbst immer noch größer ist als die dauernden Krisenmeldungen befürchten lassen: Wenn es allen schlechter geht, dann wird die Ebbe in der griechischen SOS-Kasse auf Dauer unvermeidbar sein.

Marina T. und ihre Kolleginnen haben nicht nur zunehmend Probleme, bei gekürztem Haushaltsgeld und gleichzeitig rasant gestiegenen Preisen ihre Pflegekinder einigermaßen über die Runden zu bringen. Es fällt ihnen auch immer schwerer, die Sorgen um die Zukunft zu unterdrücken und ihren Schützlingen Geborgenheit und Zuversicht für ihr Leben zu vermitteln.

So ist es kein Wunder, wenn Marina sich immer wieder müde fühlt, mit den Politikern zürnt. Und doch sagt sie: „Wir müssen in Griechenland viel Geduld haben“.

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