Langsam dämmert den westlichen Staaten, dass der
Militärregierung in Ägypten jedes Maß verloren gegangen ist. Mehr als
600 Tote, gezielte Schüsse auf Demonstranten – schlimmer ging selbst
der gestürzte Langzeit-Diktator Husni Mubarak nicht mit dem Volk um.
Die Appelle von Washington bis Berlin, die Demokratie im Land
wiederherzustellen, hat die Übergangsregierung falsch verstanden.
Denn zum Erreichen dieses Ziels darf nicht jedes Mittel recht sein.
Daher hat die Bundesregierung am Freitag damit gedroht, jede
Zusammenarbeit mit den Herrschenden einzustellen. So löblich dieser
Sinneswandel auch ist – erst wenn die Waffenlieferungen gestoppt und
die großzügigen Überweisungen gestoppt werden, erfolgt ein Umdenken
der Generäle. Dabei beweist auch dieser Konflikt, wie wenig Einfluss
die EU und die USA in dieser Region habe. In Ägypten zeigt sich, dass
das Militär an sich eine ausgleichende, friedensstiftende Rolle
spielen kann. Die Uniformträger haben eigene Interessen wie die
Islamisten oder die liberal eingestellten Bürger auch. Das hat im
Westen noch nicht jeder verstanden.
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