Aachener Zeitung: Kommentar zur Grundschulstudie Weniger Kleinklein Föderalismus in der Schulpolitik nutzt Kindern nicht von Claudia Schweda

Viele Köche verderben den Brei. Die Köche sind in
diesem Fall die 16 Bundesländer, der Brei die Schulpolitik in der
Bundesrepublik Deutschland. Ein Durcheinander von Ideen, Versuchen,
Modellen, Schulformen, Ansprüchen, Möglichkeiten. Und alle paar Jahre
werden nach den Landtagswahlen in den Bundesländern die Zutaten des
Breis neu gemischt – oder es kommt eine neue Zutat hinzu. Je nach
Gusto. Auslöffeln dürfen das Ergebnis die Schulen und die Kinder. Die
im Vergleich zu anderen Nationen schwache Lesekompetenz von
Viertklässlern ist nur ein Beispiel dafür, dass dieser Flickenteppich
in der Bildungspolitik beendet werden muss. Die Standards müssen
vereinheitlicht, national und international bewährte Konzepte
bundesweit umgesetzt werden. Das Schreibenlernen nach Gehör ist ein
weiteres Beispiel. Davon gibt es durchaus unterschiedliche Modelle.
Manche funktionieren. Die weiterführenden Schulen können fast
vorhersagen, welche der neuen Fünftklässler wenig Probleme mit der
Rechtschreibung haben werden. Sie kennen die Grundschulen in ihrem
Umfeld genau, die das Konzept anwenden, das eine hohe Erfolgsquote
aufweist. Sie nehmen auch die, die es mit dem ungeeigneten Konzept
gelernt haben, und schicken sie in den Förderunterricht. Ein
Hilfskonstrukt. Unfassbar ist, dass niemand die Erfahrungen mit den
verschiedenen Konzepten sammelt, auswertet und nutzt. Bundesweit.
Stattdessen entscheiden in NRW die Grundschulen selbst, welches
Konzept sie wählen. Ein Irrsinn. Der Bildungs-Brei schmeckt bitter.
Jeder weiß, dass ein Einser-Abi in Bayern deutlich schwerer zu
kriegen ist als in NRW. Doch bei der Bewerbung für einen begehrten
Studiengang interessiert das niemanden. Statt die Anforderungen zu
vereinheitlichen, werden die bestraft, die härteren Bedingungen
unterworfen wurden. Ändern wird sich das so schnell nicht. Denn die
Bildung ist eines der wenigen Felder, auf denen sich die
Landespolitiker austoben dürfen. Freiwillig verlassen werden sie es
nicht. Dafür müssen die Ergebnisse im internationalen Vergleich wohl
noch bitterer werden.

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