Es ist paradox: Eigentlich müsste sich eine Partei
auf die Chance freuen, dieses Land mitregieren zu können. Doch ist
das Risiko für die SPD groß, erneut in eine Große Koalition
einzutreten. Die Sozialdemokraten waren im Bündnis mit der CDU die
eindeutigen Verlierer. Wieder vier Jahre im Schatten von Angela
Merkel könnten zu weiteren dramatischen Stimmenverlusten führen.
Außerdem würde die Glaubwürdigkeit leiden, nachdem der gescheiterte
Kanzlerkandidat Martin Schulz angekündigt hatte, in die Opposition zu
gehen. Der SPD würde es guttun, sich wieder neu zu positionieren,
einen eigenen Weg links von der Mitte einzuschlagen. In der GroKo ist
es der SPD nicht gelungen, Kontur zu zeigen. Das Dilemma: Die
Gespräche mit der Union von vornherein abzusagen, wäre ebenso fatal
gewesen. Denn man hätte der SPD vorgeworfen, sich vor der
Verantwortung für dieses Land zu drücken. Außerdem können die
Sozialdemokraten nicht mit guter Hoffnung auf Neuwahlen setzen. Nach
den jüngsten Umfragen würde die Partei nicht besser dastehen als bei
der Bundestagswahl im September. Das Risiko besteht durchaus, dass
die SPD noch weiter verliert. Insofern schlägt die SPD nun aus
strategischer Sicht den einzig möglichen Weg ein: In die Gespräche
mit möglichst vielen Forderungen an den künftigen Koalitionspartner
einsteigen. Entweder brechen die Unionsspitzen die Gespräche entnervt
ab, sodass optimalerweise die Union als Buhmann dasteht. Oder die SPD
setzt mehr um, als sie selbst für möglich gehalten hätte – für den
Preis, weiter unter Merkel mitregieren zu müssen.
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Danielle Schwarz
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