Allg. Zeitung Mainz: Nichts verschleiern / Kommentar zu Organ- und Gewebespenden

Der jüngste Organspendeskandal hat dafür gesorgt,
dass selbst Menschen, die ihren Spendeausweis seit Jahren mit
Überzeugung bei sich tragen, ins Grübeln kommen. Nicht alle, aber
einige der Befürchtungen, die von Organspendegegnern seit jeher
geäußert werden, sind Realität geworden. Dadurch ist eine Menge
Vertrauen verloren gegangen. Dass über das Thema Gewebespende in der
Öffentlichkeit nicht ebenso ausführlich informiert wird wie über die
lebensrettende Organspende, ist in der aktuellen Situation keine
vertrauensbildende Maßnahme. Wann wird Gewebe entnommen? Was passiert
mit dem Gewebe? Wie wird es verarbeitet und konserviert? Welche
Patienten erhalten ein solches Transplantat? Antworten auf diese
Fragen gibt es, müssen aber mühsam zusammengesucht werden und gehen
in der offensiven und emotionalen Werbung um Organspender nahezu
komplett unter. Es ist verständlich, dass man potenzielle Spender
nicht mit Details verschrecken möchte, die unschöne Assoziationen
wecken. Es ist aber trotzdem notwendig, alles offen anzusprechen.
Jeder, der auf seinem Organspendeausweis die Bereitschaft zur Organ-
und Gewebespende ankreuzt, sollte genau wissen, was das heißt. Es
wird Menschen geben, die kein Problem damit haben, falls ihnen nach
ihrem Tod Haut oder Knochen entfernt werden und als aufbereitete
Arzneimittel in Gewebebanken lagern. Andere haben dabei jedoch das
ungute Gefühl, als menschliches Ersatzteillager zu enden und wollen
Grenzen setzen. Das ist ihr gutes Recht, und dazu müssen sie von
vorneherein umfassend informiert werden. Verschleierungstaktik wird
nur zu weiterem Vertrauensverlust führen.

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Florian Giezewski
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