Allg. Zeitung Mainz: Seehofers Stadel / Kommentar zu CSU und ZDF

Eigentlich muss das ZDF der CSU ja dankbar sein:
Wenn man so dumm und dreist wie offenbar im Fall Strepp unter Druck
gesetzt wird, ist das eine dankbare Gelegenheit, journalistische
Standfestigkeit zu beweisen. Gerade gegenüber der Union, die den
Sender ansonsten gerne mal in den Schwitzkasten nimmt, etwa wenn es
um die Besetzung des Chefredakteurspostens geht. Versuche der
Einflussnahme kennen alle Medien, TV-Stationen ebenso wie Radiowellen
und Zeitungen. Was einen öffentlich-rechtlichen Sender wie das ZDF
allerdings zu einem Sonderfall macht: In seinen Aufsichtsgremien
sitzen Vertreter der Parteien, also haben Vertreter eben jener
Parteien in den Redaktionen des Senders gefälligst überhaupt nicht in
Erscheinung zu treten. Das wissen natürlich alle Beteiligten, inMainz
ebenso wie in München. Von daher muss man sich fragen: Was genau ist
da eigentlich passiert, als der CSU-Sprecher in nach Lage der Dinge
eindeutiger Absicht zum Telefon griff? Man darf davon ausgehen, dass
er sowohl als ehemaliger Staatsanwalt und Richter als auch als
Parteisprecher genau wusste, was er tat. Er hatte also entweder kein
wirkliches Interesse mehr an einer weiteren Karriere in der Politik
und hat deswegen den sicheren beruflichen Selbstmord gesucht, oder er
hatte einen Auftraggeber. Nicht zuletzt die Wähler inBayern werden
darüber befinden, welche Antwort sie für wahrscheinlicher halten.
Denn auch das weiß jetzt jeder: Die CSU nimmt ihren
SPD-Herausforderer Christian Ude ernst. So ernst, dass man
Journalisten unter Druck setzt? Das wird man nie erfahren. Gleichwohl
setzt sich der Eindruck fest, dass unter Horst Seehofer bayerische
Landespolitik trotz aller vordergründig krachledernen
Selbstsicherheit zunehmend zu einem peinlichen Komödienstadel
verkommt.

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