Das Filmchen ist knapp 14 Minuten lang. Und es
verdient eigentlich keine Beachtung. Doch in der arabischen Welt
schürt es den Hass auf Amerika. Die „Unschuld der Muslime“, so der
Titel des Videos, bringt die Gläubigen in Libyen, Tunesien oder
Ägypten auf die Barrikaden, weil es den Propheten Mohammed verhöhnt,
ihn als Lüstling, Mörder und Dummkopf darstellt. Manche Szenen
erinnern in ihrer überzeichneten Art an die Komödien der britischen
Komikertruppe Monty Python. Doch lustig ist das Ganze überhaupt
nicht, weil die Toten in Bengasi und Sanaa traurige Realität sind.
Was steckt hinter dieser sich Bahn brechenden Gewalt der
Aufgebrachten? Es ist sicherlich mehr als die Empörung über einen
schwachsinnigen Streifen. Für die radikalen Islamisten ist der Film
ein gefundenes Fressen, ein Feigenblatt für den Aufruhr. Ihr Unmut
begründet sich dabei auch in der wankelmütigen Rolle des Westens in
der islamischen Welt. Als Amerika vor elf Jahren den „Krieg gegen den
Terror“ ausrief, galten Männer wie Ben Ali in Tunesien, Hosni Mubarak
in Ägypten oder Muammar el-Gaddafi in Libyen als Verbündete. Die
Diktatoren wurden hofiert, weil sie in ihren Ländern den radikalen
Islamismus unterdrückten. Später wurden sie hinweggefegt und der
Westen beklatschte den arabischen Frühling, der als Sieg für
Demokratie und Gerechtigkeit verstanden wurde. Dass diese Welle auch
die radikalen Kräfte wieder an die Oberfläche spült, ist schlicht
unterschätzt worden. Es ist die nun größte Herausforderung für die
Länder dieser Revolution, ein politisches System zu etablieren, das
Gewalt und Fanatismus keinen Platz bietet. Dass der Film
ehrverletzend für gläubige Muslime ist, steht außer Zweifel. Eine
Rechtfertigung für Mord und Totschlag ist er trotzdem nicht. Und
jeder Muslim, von Vernunft und Menschlichkeit geleitet, muss die
blutigen Antworten derjenigen verurteilen, die nun im Namen des
Glaubens die Waffen sprechen lassen. Dass religiöse Überzeugungen das
Urteilsvermögen aushebeln können, ist kein Phänomen, das auf die
islamische Welt zu begrenzen ist. Es sei daran erinnert, dass
kürzlich in Moskau drei Frauen wegen „Rowdytums aus religiösem Hass“
zu Lagerhaft verurteilt wurden, weil sie in einer Kathedrale ein
Liedchen trällerten. Es war ein Urteil, über das die Welt den Kopf
schüttelte. Sicherlich sind ein fadenscheiniger Prozess und der Mord
an einem Botschafter zwei paar Schuhe – gemeinsam haben die Fälle,
dass der Glaube herhalten muss, um Irrationales zu begründen. Ebenso
wenig Verständnis verdient freilich der Urheber des Films, ein
Agitator, der gefährliche Propaganda betreibt und damit bei einigen
wenigen auf fruchtbaren Boden stößt. Wie bei US-Pastor Terry Jones,
der einst Korane verbrannte und nun seine Finger im Spiel gehabt
haben soll, als eine arabische Version des Mohammed-Videos im
Internet auftauchte. Die Zutaten für dieses traurige Schauspiel sind
also ein Pastor mit höchst zweifelhaftem Ruf, ein propagandistischer
Filmemacher und eine aufgebrachte Meute, die die beiden auch noch
Ernst nimmt: Herzlich willkommen in der Spirale des Schwachsinns.
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