Es waren klare Worte, mutige Worte. Sie spiegeln
wider, was Barack Obamas Anhänger denken. Dasselbe Amerika, das einen
Mann mit dunkler Haut ins Weiße Haus delegierte, hat praktisch keine
Probleme mehr mit der Ehe zwischen Partnern gleichen Geschlechts. Zum
einen liegt es am Generationswechsel, zum anderen an praktischen
Erfahrungen in Städten wie New York, wo die Homosexuellen-Hochzeit
seit ein paar Monaten dazugehört zur Toleranz einer wahren
Weltmetropole. Jedenfalls sprach der Präsident nur aus, was der
junge, liberale, urbane Teil seines Landes längst als
selbstverständlich betrachtet. Niemand darf benachteiligt werden,
nicht wegen der Rasse, nicht wegen der Religion, nicht wegen seiner
sexuellen Neigung. Und zwar konsequent. Damit ist Obama, der oft so
vorsichtige Präsident im Oval Office, beherzt über den eigenen
Schatten gesprungen. Kein Zweifel, sein Bekenntnis erfordert
politische Courage. Immerhin geht es um ein emotional aufgeladenes
Thema, das die innerlich so zerrissenen Vereinigten Staaten ziemlich
genau in zwei Lager spaltet. Evangelikale Christen lehnen die
Schwulenehe ebenso vehement ab wie die meisten Latinos, jene
Bevölkerungsgruppe, die am schnellsten wächst und bei Abstimmungen
eine immer größere Rolle spielt. Wahltaktisch gesehen geht der
Präsident ein hohes Risiko ein. Denn im November muss er in hart
umkämpften Bundesstaaten wie Indiana, North Carolina oder Virginia
gewinnen, will er im Weißen Haus bleiben. Genau dort, in einem
konservativen Umfeld, dürften nun einflussreiche Pfarrer ihre
Gemeinden mobilisieren, um zum Kulturkonflikt gegen die Befürworter
der Schwulenehe zu rüsten. Profitieren könnte Mitt Romney, Obamas
republikanischer Rivale. Gewiss, der Amtsinhaber hätte es sich
einfacher machen, er hätte noch ein bisschen lavieren können, wie es
ihm besorgte Berater ganz sicher empfahlen. Dass er eindeutig Farbe
bekannte, spricht für ihn.
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