Als George Osborne seinen so genannten
Mini-Haushalt im Parlament in London vorstellte, schien es vielen
Abgeordneten so, als lebte der Schatzkanzler in einem anderen Land.
Einem Land, das sich nach anfänglichen Problemen berappelt habe, und
das jetzt nur noch einige seiner vielen Trumpfkarten ausspielen muss,
um in einer internationalen Krise als strahlender Sieger auf die
Weltbühne zurückzukehren. Nichts könnte jedoch von der Realität
weiter entfernt sein als diese optimistische Vision, die auf
wackeligen Strategien und wenig zuverlässigen Schätzungen gründet.
„Der Weg ist hart, aber wir machen Fortschritte“, hieß es.
Tatsächlich gestand jedoch die liberal-konservative Koalition von
David Cameron ein, ein zentrales Wahlversprechen gebrochen zu haben,
nämlich, bis zu den Neuwahlen 2015 den Schuldenstand im Verhältnis
zur Wirtschaftskraft zu senken. Die Sparziele sollen um mindestens
ein Jahr verfehlt werden, das Wachstum stagniert, die Neuverschuldung
ist viel höher als bei der Verabschiedung des Haushalts im April
erwartet. Man kann es drehen, wie man will. Aber Osborne hat in den
ersten zweieinhalb Jahren seiner Arbeit die ohnehin nicht sehr hohen
Erwartungen der Wirtschaftsexperten nicht erfüllt. Noch mehr
Kürzungen, höhere Steuern, weniger Sozialleistungen und insgesamt
eine längere Zeit der eng geschnallten Gürtel im Königreich werden
die britischen Wähler vermutlich bei den nächsten Wahlen in die
ausgebreiteten Arme der Labour-Opposition treiben. Auch die Geduld
der Investoren scheint am Ende. Es müsste schon ein Wunder geschehen,
wenn Großbritannien angesichts der Wirtschaftszahlen nicht im
kommenden Jahr sein begehrtes Spitzen-Kredit-Rating (AAA) verlieren
würde.
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Klaus Gaßner
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