Badische Neueste Nachrichten: Schlechte Chancen

Endlich einmal ein politisches Groß-Treffen, bei
dem es nicht um den Euro geht: Kanzlerin Angela Merkel war gestern in
ihrem Element. Der Schutz des Weltklimas liegt ihr am Herzen, und
dies nicht erst seitdem sie in Berlin an den Schalthebeln der Macht
sitzt. Als Bundesumweltministerin hatte sie seinerzeit am
Zustandekommen des Kyoto-Abkommens mitgewirkt, das erstmals
verbindliche Regelungen festschrieb. Die Krux: Das Kyoto-Abkommen
läuft Ende des Jahres aus – und mit einem Nachfolge-Vertrag tut sich
die Weltgemeinschaft schwer. Gar zu gerne würde Merkel als
Klima-Kanzlerin in die Geschichte eingehen, die dafür gesorgt hat,
dass die Erderwärmung nicht über die magische Zwei-Grad-Grenze
hinausgeht. Doch ihre Chancen stehen schlecht. Die Schwellen- und die
Entwicklungsländer kümmert der Klimawandel angesichts der Nöte in
ihren jeweiligen Ländern wenig. China und Indien haben sich ganz dem
Aufbau ihrer Industrien verschrieben, für Klimaschutz und den Kampf
gegen die Erderwärmung bleibt da nur wenig Raum. Brasilien ist mit
seiner wirtschaftlichen Aufholjagd beschäftigt, da spielt aus der
Sicht der Südamerikaner der Schutz der natürlichen Ressourcen rund um
den Amazonas keine Rolle. Der Appell der Kanzlerin, man müsse
umgehend handeln, stößt auf taube Ohren. In Peking, Neu Delhi und
Brasilia sieht man die Industriestaaten in der Pflicht. Dort hat man
sich im über Jahrzehnte erarbeiteten Wohlstand kuschelig
eingerichtet. Schon bei den vorangegangenen Klima-Treffen wurde der
Schwarze Peter, diplomatisch geschickt verbrämt, hin und
hergeschoben. Auch in Berlin wird es nicht anders sein. Es wäre ein
riesiger Erfolg, wenn beim nächsten großen Klima-Gipfel in Katar eine
verbindliche Übereinkunft herauskäme, die die Tinte auch wirklich
wert ist. Berlin soll hier die Vorarbeit leisten. Aber angesichts der
Euro-Krise und der weltweiten Wirtschaftsprobleme gerät der
Klimaschutz doch deutlich in den Hintergrund.

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