Es dürfte ein schwieriges Gespräch werden, wenn
der Präsident der Bundesärztekammer, Ulrich Montgomery, heute mit
Vertretern der Deutschen Stiftung Organtransplantation und anderen
Experten zusammentrifft. Nach den Skandalen um manipulierte
Transplantationslisten in Göttingen und Regensburg wird die
Ärzteschaft selbstkritisch prüfen müssen, ob von ihrer Seite genug
getan worden ist, um derartige Machenschaften zu verhindern.
Offensichtlich nicht, denn anders als Montgomery meint, hat nicht die
ärztliche Selbstverwaltung den Skandal aufgedeckt, sondern ein
anonymer Hinweisgeber. Verspieltes Vertrauen ist schwer wieder zu
gewinnen. Darum aber geht es, damit die in Deutschland ohnehin nicht
besonders ausgeprägte Bereitschaft zur Organspende nicht noch
geringer wird, was bedeutet, dass weniger Menschen geholfen werden
kann. Die Zahl der Spender ist zuletzt schon gesunken. Montgomery
will das Verfahren in der Hand der ärztlichen Selbstverwaltung
behalten, ist gegen Transplantationsbehörden. Das ist vernünftig,
verlangt aber, dass das Vertrauen in die Kontrollfähigkeit der
Selbstverwaltung wiederhergestellt wird. Dazu gehört auch, dass
aufgeklärt wird, wie es zu dem Anstieg der Transplantationen gekommen
ist, die im „beschleunigten Vermittlungsverfahren“ und damit nicht
nach der Reihenfolge der Warteliste vorgenommen worden sind. Es gibt
dafür objektive Gründe. Die Vermutung, hierbei habe sich ein Sumpf
von Manipulation ausgebreitet, ist ein ehrverletzender
Pauschalverdacht gegen die Ärzte in mehr als 50
Transplantationszentren. Wenn aber das normale Auswahlverfahren durch
einfache Tricks offenbar ausgehebelt werden konnte, indem
Untersuchungsbefunde gefälscht, Patienten damit kranker gemacht und
auf der Warteliste nach oben geschoben wurden, dann dürften
willkürliche Entscheidungen im beschleunigten Verfahren noch eher
möglich sein. Auch die Politik muss handeln. Es war und ist ja nicht
grundsätzlich falsch, betriebswirtschaftliches Denken auch in
Krankenhäusern zu etablieren. Aber mit der Einführung der
Fallpauschalen sind auch bedenkliche ökonomische Anreize gesetzt
worden.
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