Die Not könnte nicht größer sein: Berlin sucht
händeringend nach Lehrern. Die Meldungen sind alarmierend. Bis zum
nächsten Schuljahr braucht die Stadt noch mehr als 2000 neue
Pädagogen, um den Unterricht gewährleisten zu können. Jetzt startet
die Schulverwaltung eine 100.000 Euro teure Werbekampagne, um junge
Lehrer aus den Bundesländern Bayern, Baden-Württemberg,
Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen nach Berlin zu locken. Denn
die Lage ist prekär. Fast alle Schulfächer gelten mittlerweile als
Mangelfächer. Unterricht fällt häufig aus oder wird von Lehrern
gegeben, die eigentlich keine Fachlehrer für Geschichte oder
Mathematik sind. Und auch in der Führungsspitze der Schulen fehlt es
an allen Ecken und Enden. Etwa 100 Direktorenposten sind nicht
besetzt. Dazu kommen noch einmal mehrere hundert Funktionsstellen wie
Oberstufenleiter, die offen sind. Ein Blick in die überalterten
Lehrerkollegien reicht, um zu ahnen, dass sich die Not in den
nächsten Jahren noch potenzieren wird.
Neben der Werbekampagne versucht Bildungssenatorin Sandra Scheeres
(SPD) auch Quereinsteiger für den Lehrerberuf zu gewinnen. Das
Interesse ist groß. Aber für den Lehrerberuf nicht ausgebildete
Ingenieure oder Chemiker einzustellen, darf nicht im großen Stil
geschehen. Das ist der falsche Weg. Denn die Schulen müssen mit gut
qualifiziertem Personal ausgestattet werden. Was also ist zu tun? Der
Beruf muss attraktiver werden, die Belastung, gerade in
Brennpunktschulen, geringer. In Teilen von Neukölln und Wedding
müssen die Klassen kleiner werden, um einen höheren Bildungserfolg zu
erzielen. Funktionsstellen und Direktorenposten müssen attraktiver
werden – notfalls durch bessere Gehälter.
Aber wie bekommt man junge Lehrer nach Berlin? Zwar ist die Stadt
für viele Menschen ein Ziel, aber bei steigenden Mieten entscheiden
sich viele Jung-Lehrer für einen Beamtenstatus in einem anderen
Bundesland. Notfalls arbeiten sie in Brandenburg, wo verbeamtet wird,
und leben in Berlin. Vor einigen Jahren haben sich die
Bildungspolitiker darauf verständigt, Lerninhalte anzugleichen. Jetzt
ist es an der Zeit, dass die Bildungspolitiker eine deutschlandweite
Lösung für das Problem der Verbeamtung finden. Denn Lehrer sollen
sich bei der Wahl ihrer Arbeitsstätte nicht nach dem Status ihrer
Tätigkeit richten, sondern sich bewusst für Schulen und ihre Konzepte
entscheiden.
Der Leitartikel im Internet: www.morgenpost.de/126593374
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