BERLINER MORGENPOST: Die richtige Entscheidung / Leitartikel von Christine Richter

Es ist dann doch ganz schnell gegangen: Die
Berliner Wirtschaftssenatorin Sybille von Obernitz bat am Sonnabend
um ihre Entlassung. Nach nur neun Monaten im Amt. Und auf Druck von
CDU-Landeschef Frank Henkel – auch wenn sie das öffentlich nicht
sagte. Es ist, ob freiwillig oder nicht ganz freiwillig, die richtige
Entscheidung. Sybille von Obernitz ist von Beginn an in ihrem Amt
nicht klar gekommen. Zum Schluss ist die 50-Jährige über einen Fehler
gestolpert, den sie noch versuchte, wieder gutzumachen, indem sie die
entstandenen Kosten für eine Stellenausschreibung, die so nicht
erlaubt war, selbst übernehmen wollte. Doch ihr Angebot an die
Wirtschaft, an die Messegesellschaft Berlin kam zu spät. Das
Vertrauen war zerstört, das Verhältnis zu den wichtigen Messe-Chefs
und vor allem zu dem Aufsichtsratsvorsitzenden zerrüttet. CDU-Chef
Henkel musste die Konsequenzen ziehen, wollte er verhindern, dass der
Wirtschaftsstandort Berlin nachhaltig beschädigt wird. Es ist schade,
dass Sybille von Obernitz so schnell und so klar gescheitert ist.
Denn natürlich ist es eine Chance für eine Regierung egal welcher
Couleur, wenn sich Menschen, die außerhalb einer Partei Karriere
gemacht haben, in die Politik einbinden lassen. Sie bringen Ideen von
außen mit, sie kennen die Welt jenseits der Plenar- und
Fraktionssitzungssäle. Aber natürlich kann dies nur gelingen, wenn
man eine Persönlichkeit findet, die bereit ist, sich auch auf Berlin,
auf dessen Persönlichkeiten und auch auf die Partei, die einen
berufen hat, einzulassen. Die weiß, wer ihr Chef und wer ihre
Verbündeten sind. Sybille von Obernitz hat von Beginn an gefremdelt –
mit Frank Henkel, mit der CDU, mit den Wirtschaftsmanagern in der
Stadt. Sie hatte offensichtlich mehr Zutrauen zu dem ebenfalls
parteilosen Finanzsenator Ulrich Nußbaum (für die SPD), vertrat
häufiger dessen Positionen als die der CDU-Senatoren und der
CDU-Fraktion. Das konnte auf Dauer nicht gut gehen. Das Amt des
Wirtschaftsenators oder der Wirtschaftssenatorin ist eines der
schönsten in Berlin. Und eigentlich auch eines, das im Vergleich zu
anderen Ressorts am einfachsten zu managen ist. Ein Innen-, ein
Finanz- oder gar ein Berliner Bildungssenator hat es da sehr viel
schwerer. Als Wirtschaftssenator muss man sich vor allem um die
Unternehmen kümmern, die Landesunternehmen wie die Berliner
Stadtreinigung oder die Messegesellschaft, aber noch mehr um die
vielen mittelständischen und kleinen Firmen in Berlin. Sie brauchen
Unterstützung, wenn sie in der Stadt gedeihen sollen. Außerdem muss
ein Wirtschaftssenator um neue Unternehmen werben, „Klinken putzen“,
wie man früher sagte. Bei der Fashion Week und der Ifa präsent sein
oder auf Reisen gehen und in Dubai das Berliner Gesundheitssystem
vorstellen. Der Wirtschaftssenator ist – nach dem Regierenden
Bürgermeister – der oberste Berlin-Werber. Ein toller Job. Der
Nachfolger von Sybille von Obernitz hat also alle Möglichkeiten. Er –
oder sie – muss sie nur nutzen.

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