BERLINER MORGENPOST: Eine gute Wahl für Berlin Christine Richter über den neuen Polizeipräsidenten Klaus Kandt und seine kommenden Aufgaben

Eine unendliche Geschichte ist am Dienstag endlich
zu Ende gegangen: Eineinhalb Jahre nach dem Ausscheiden von Dieter
Glietsch hat Berlin wieder einen neuen Polizeipräsidenten. Am
Dienstag ernannte der Senat – auf Vorschlag von Innensenator Frank
Henkel (CDU) und einstimmig – den derzeitigen Präsidenten der
Bundespolizei Berlin, Klaus Kandt, zum neuen Polizeichef. Es ist eine
gute Wahl für Berlin. Kandt, 52 Jahre alt, kennt die Polizeiarbeit
von der Pike auf. Er ist seit 1979 Polizist und hat sich Schritt für
Schritt hochgearbeitet. Er war unter anderem Teamführer beim SEK
Berlin, leitete in Brandenburg die Spezialeinheiten und seit dem Jahr
2008 die Bundespolizeidirektion Berlin. Er kennt sich also auch in
der Region aus und hat schon mit vielen Berliner Polizeibeamten zu
tun gehabt. Das ist ein Vorteil – für ihn und auch für die riesige
Polizeibehörde mit rund 23.000 Mitarbeitern selbst. Denn auch das
muss man anerkennen: Kandt beweist Mut, dass er sich auf diesen
schwierigen Job einlässt. Es gilt in Berlin nicht nur den 1. Mai zu
bewältigen, an dem es seit 25 Jahren in Berlin zu gewalttätigen
Demonstrationen kommt. Ein solch große Behörde muss man führen
können, fast rund um die Uhr im Einsatz sein, Pannen mit V-Männer
vermeiden, Morde aufklären, Gewalt in U-Bahnen und auf zentralen
Plätzen verhindern – und dann auch noch politischen Druck aushalten.
Denn unter einem CDU-Innensenator steht auch der jeweilige
Polizeipräsident in einer Stadt wie Berlin und bei den drei
Oppositionsparteien Grüne, Linke und Piraten unter besonderer
Beobachtung. Am Dienstag äußerten sich vor allem die Politiker von
der SPD und den Grünen enttäuscht, dass Margarete Koppers, die
derzeitige Vize-Polizeipräsidentin, nicht an die Spitze gerückt ist.
Sie führte die Behörde seit Glietschs Weggang, sie hatte sich auch um
den Spitzenposten beworben. Doch sie hat in den vergangenen Monaten
auch etliche Fehler gemacht – im Umgang mit den Rohrbomben, die am
Rande der diesjährigen 1.-Mai-Krawalle gefunden worden waren, und
über die sie den Innensenator erst nach Tagen informierte.
Glücklicherweise waren die Rohrbomben nicht explosionsfähig. Oder
auch hinsichtlich des V-Manns der Polizei, der Kontakte zum
NSU-Terrortrio hatte, lief bei der Berliner Polizei einiges schief,
vor allem im Umgang mit der Generalbundesanwaltschaft bei diesem Fall
brillierte auch Koppers nicht. Und noch schwerer wiegt: Loyalität
gegenüber Henkel sieht anders aus. Es ist gut, dass die
deutschlandweit größte Polizeibehörde wieder einen Chef hat, einen
Polizeiexperten. Für Innensenator Henkel, der in den vergangenen
Wochen mächtig unter Druck stand, ist es wichtig, dass er sich nun
einen Polizeipräsidenten ausgesucht hat, der sehr erfahren ist, der
weiß, wie Polizisten ticken, der loyal an seiner Seite stehen wird.
Und das nicht, weil Kandt wie Henkel auch ein Parteibuch der CDU
besitzt, sondern weil er so mütig ist, diese Aufgabe in Berlin zu
übernehmen. Henkels Erfolg ist auch Kandts Erfolg – und umgekehrt.
Das sind gute Voraussetzungen für die nächsten Jahre.

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