Im Fall des Brandstifters André H. gebührt zunächst
der Berliner Polizei ein großes Lob. Es war kein Zufall, der die
Beamten auf die Spur des Pyromanen brachte, sondern kleinteilige,
mühselige Ermittlungsarbeit. Durch das Sichten Hunderter von
Videoaufnahmen und eine monatelange Observation konnte die Polizei
den verdächtigen 27-Jährigen ermitteln und festnehmen. Das ist in
allererster Linie der Erfolg der Polizeibeamten, die seit Monaten
Autobrandstifter in der Hauptstadt jagen. In mindestens 67 Fällen
soll André H. teure Autos angezündet haben. Erschreckend ist das
Motiv, das der geständige Täter angab: Frustration und Sozialneid.
Gemäß dem Motto: Mir geht es schlecht, anderen geht es gut, die werde
ich nun treffen. Der 27-jährige Berliner, der lange ohne Arbeit war,
ist sicherlich ein extremer Straftäter. Doch blinde Zerstörung
scheint allzu häufig das Ventil für Frustration und Wut zu sein. Da
werden die Scheiben von Telefonzellen und Bushaltestellen
zerschlagen, Autospiegel abgetreten oder die Sitze von U-Bahnen und
Bussen aufgeschlitzt. Allein die Berliner Verkehrsbetriebe müssen im
Jahr mehr als acht Millionen Euro für die Reparatur solcher Schäden
ausgeben. Die Deutsche Bahn zahlt 50 Millionen Euro jährlich. Viele
Autobesitzer und Unternehmen bleiben sogar auf den Kosten sitzen,
weil sie keine Vollkaskoversicherung haben. Im Gegensatz zu dem nun
festgenommenen Serienbrandstifter werden diese Alltagsrandalierer nur
selten gefasst. Und wenn mal ein Straftäter ermittelt wird, ist bei
ihm häufig nicht viel zu holen. Vandalismus ist schwer zu bekämpfen.
Ein Ansatzpunkt ist die Verstärkung der Polizeiarbeit. Kurz gesagt:
Viel hilft viel. In Berlin wurde angesichts der vielen
Autobrandstiftungen eine Sonderkommission eingerichtet. Hundert
Beamte der Bundespolizei halfen bei der Fahndung. Hubschrauber mit
Wärmebildkameras waren im Einsatz. Ohne die Unterstützung der
Bundespolizei wäre die Festnahme von André H. nicht möglich gewesen,
gab am Sonntag ein hoher Beamter zu. Niemand will einen Polizeistaat.
Aber der richtige Einsatz von Beamten und die Möglichkeit in
besonderen Situationen Verstärkung zu bekommen, hilft bei der
Bekämpfung von Verbrechen. Das gilt nicht nur im Kampf gegen
Autobrandstifter, der in Berlin und anderen Städten wie Hamburg
sicherlich noch nicht gewonnen ist -, durch mehr Polizeipräsenz wird
nebenbei auch der öffentliche Nahverkehr sicherer. SPD und CDU, die
in Berlin eine gemeinsame Regierung bilden wollen, haben das erkannt.
Nach Jahren des Stellenabbaus sollen nun 250 neue Polizisten
eingestellt werden. Gleichzeitig soll die Präsenz der Beamten durch
mehr Fußstreifen – auch begleitet von aufmerksamen Bürgern – erhöht
werden. Ein Modellprojekt in Spandau, bei dem Jugendliche zusammen
mit Beamten auf der Straße und in den U-Bahnen für mehr Sicherheit
sorgen, soll nun auf die ganze Hauptstadt ausgedehnt werden. Wenn
Jugendliche andere Jugendliche davon abhalten, Scheiben zu zerkratzen
oder Fahrgäste anzugreifen, dann ist das ein kleiner, aber guter
Schritt auf dem langen Weg im Kampf gegen den Vandalismus.
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