Noch gut fünf Wochen, dann können die Berliner
entscheiden, von wem sie in den nächsten fünf Jahren regiert werden
wollen. Nach der neuesten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts
Infratest Dimap wird der nächste Regierende Bürgermeister wieder der
alte sein: Klaus Wowereit kommt mit der SPD derzeit auf 31 Prozent
der Stimmen – einen Wert, den die Berliner Sozialdemokraten bei der
letzten Abgeordnetenhauswahl 2006 erzielten, aber in Umfragen seit
langem nicht mehr erreicht haben. Die Grünen, die vor einigen Monaten
sogar mal vor der SPD lagen, erzielen mit ihrer Spitzenkandidatin
Renate Künast derzeit 22 Prozent und sind damit genauso stark wie die
CDU. Der Abstand beider Parteien zur SPD ist also mehr als deutlich,
Wowereit wird sich aussuchen können, mit wem er regieren will. Sogar
eine Neuauflage von Rot-Rot erscheint derzeit möglich, denn der
rechnerische Abstand zwischen Rot-Rot auf der einen Seite und
Grün-Schwarz auf der anderen ist nach der neuesten Umfrage minimal,
er liegt nur bei einem Prozentpunkt. Wowereit kann sich freuen. Doch
auch wenn die Zahlen einen deutlichen Trend aufweisen: Noch ist die
Abgeordnetenhauswahl nicht gelaufen, viele Berliner sind noch in den
Sommerferien, die heiße Phase beginnt erst am kommenden Montag, nach
der Urlaubszeit. Aber wenn die Grünen ihr Ziel, Renate Künast ins
Rote Rathaus zu bringen, erreichen wollen, müssen sie sich gewaltig
anstrengen. Denn Wowereit macht, das hat sich in den letzten Wochen
gezeigt, einen wirklich exzellenten Wahlkampf. Er nutzt sein Amt als
Regierender Bürgermeister geschickt, um jeden Tag in der Stadt und
auch in den Medien präsent zu sein, er spielt bei seinen Auftritten
bei den Bürgern vor Ort und bei den SPD-Wahlveranstaltungen seinen
ganzen Charme aus. Und weil weder die Grünen noch die CDU sich
getrauen, Wowereit direkt anzugreifen und für die Politik der
vergangenen zehn Jahre persönlich verantwortlich zu machen, kommt
auch in diesen Wahlkampftagen keinerlei Wechselstimmung auf.
Kritisiert wird von der Opposition stets nur der rot-rote Senat
insgesamt, da bleibt Wowereit nahezu unbehelligt. Frank Henkel,
Spitzenkandidat der CDU, und auch die Grünen wollen es sich nämlich
nicht mit Wowereit verderben, schließlich könnte es ja zu einer
gemeinsam Regierung mit ihm kommen. Auch das zeigt die Umfrage
deutlich: Nach dem 18. September sind jetzt wieder mehrere
Koalitionen möglich. Rot-Rot – möglicherweise, wenn die Linke noch
ein bisschen zulegen kann. Rot-Grün sicherlich, denn die beiden
Parteien kommen derzeit ja auf eine satte Mehrheit von 53 Prozent.
Renate Künast müsste dann aber im Bundestag verbleiben. Aber auch
eine rot-schwarze Koalition ist gut möglich, denn Wowereit hat Spaß
daran, die Grünen zu ärgern, die Parteien gegeneinander auszuspielen
und so das für ihn beste Ergebnis herauszuhandeln. Zumal die
Christdemokraten Wowereit schon jetzt verziehen haben, dass er sie in
den vergangenen zehn Jahren stets für nicht-regierungsfähig erklärt
und schlecht behandelt hatte. Sie wären zu einer Koalition nur zu
gerne bereit, Hauptsache wieder mitregieren. Es bleibt also spannend
in Berlin – auch nach dem Wahlabend, 18 Uhr.
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