BERLINER MORGENPOST: Leitartikel von Christine Richterüber den geplanten Streik der Lehrer an den Schulen in der Hauptstadt.

Sie wollen es tatsächlich tun: Die angestellten
Lehrer werden am 21. und 22. August an den Berliner Schulen die
Arbeit niederlegen. So kurz nach den Sommerferien und ganztägig, so
hat es die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), in der sich
die angestellten Lehrer organisieren, beschlossen. Ihr Ziel ist es,
den Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für die SPD) zu
Tarifverhandlungen zu zwingen – und in diesen dann mehr Lohn
durchzusetzen.

Diese Rechnung, so kann man nur hoffen, wird nicht aufgehen. Aus
mehreren Gründen. So verdienen die angestellten Lehrer in Berlin
schon deutlich mehr als ihre Kollegen in anderen Bundesländern. Sie
bekommen beim Berufseinstieg das für ihre Ausbildung höchstmögliche
Gehalt – ein Grundschullehrer rund 4100 Euro brutto, ein
Gymnasiallehrer sogar rund 4600 Euro brutto. Das ist viel Geld für
einen Berufsanfänger, aber es ist auch viel Geld für ein Land Berlin,
das noch immer 63 Milliarden Euro Schulden mit sich herumschleppt.
Der Senat hatte diese hohen Einstiegsgehälter jedoch vor einiger Zeit
beschlossen, um eine Abwanderung der Lehrkräfte in andere
Bundesländer zu verhindern – was damals völlig richtig war und bis
heute auch ist.

Doch jetzt wollen die Lehrer den Senat, in erster Linie den
Finanzsenator, mit einem Streik erpressen. Das ist der falsche Weg,
denn weitere Lohnerhöhungen oder etwa auch Arbeitszeitermäßigungen
gehören in Tarifverhandlungen. Die aber werden von der
Tarifgemeinschaft der Länder geführt, nicht vom Land Berlin selbst,
seit es wieder Mitglied in der Tarifgemeinschaft geworden ist. Daran
muss sich Nußbaum halten, daran müssten sich auch die GEW und die
Lehrer halten. Und wie man Nußbaum kennt, wird er an dieser Stelle
keinen Zentimeter zurückweichen – und hat richtigerweise die volle
Unterstützung von Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) und des
gesamten Senats.

Der geplante zweitägige Warnstreik geht deshalb zulasten der
Kinder und Jugendlichen. Und ihrer Familien, denn die müssen an zwei
Tagen eine Betreuung organisieren, sollten die Lehrer tatsächlich die
Arbeit für zwei volle Tage niederlegen. Mit Streiks wird die Arbeit
in den Grund- und Sekundarschulen, in den Gymnasien gleich zu Beginn
des Schuljahres wieder gestört und unnötige Unruhe an die Berliner
Schulen gebracht. Zumal es angesichts der diversen Studien über die
Leistungen der Berliner Schüler ja nicht so ist, dass getrost zwei
Tage lang der Unterricht ausfallen kann. Das Gegenteil ist richtig:
Die Kinder und Jugendlichen müssen noch mehr lernen, noch besser
unterrichtet, noch intensiver gefördert werden.

Wer meint, dass die Lehrer in Berlin mehr Geld verdienen müssen,
dass sie ihren verbeamteten Kollegen gleichgestellt werden sollten,
der muss auf die Tarifverhandlungen vertrauen. Dort können all die
Fragen über angemessene Bezahlung, Arbeitszeiten oder auch über
attraktive Alterszeitmodelle diskutiert werden. Durch die geplanten
Warnstreiks schaden die Berliner Lehrer den Schulen – und sich
selbst.

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