Das ist doch angesichts nicht endender
Horrormeldungen aus Europas Finanz- und Schuldenkrise endlich mal
eine gute Nachricht: Im Dezember haben Bund und Länder soviel Steuern
eingenommen wie nie zuvor. Die Rekordsumme von 71 Milliarden Euro in
nur einem Monat kann sich sehen lassen, auch wenn sie sich im
Vergleich zu den dreistelligen Milliardensummen, die zur Rettung des
Euro nur so hin und her geschoben werden, fast wie Peanuts ausnimmt.
Der Steuersegen kündet einmal mehr davon, wie stark die deutsche
Wirtschaft derzeit ist, wie positiv sich der Arbeitsmarkt entwickelt
hat. Aber auch davon, dass die Abgabenlast für Unternehmen und
Arbeitnehmer zumindest grenzwertig ist. Allein in den vergangenen
zehn Jahren hat sich das Steueraufkommen um rund 100 Milliarden auf
nunmehr fast 530 Milliarden Euro (Bund und Länder) vermehrt. Dennoch
wächst der Schuldenberg weiter. Allein der Bund steht mit 1,3
Billionen Euro in der Kreide. Dafür muss er in diesem Jahr knapp 40
Milliarden Euro Zinsen zahlen. Dieser Schuldendienst ist nach dem
Etat des Arbeits- und Sozialministeriums (126,6 Milliarden Euro) der
zweithöchste Posten im Haushalt 2012. Und noch eine Zahl, die an
einer seriösen Finanzpolitik Zweifel weckt: Trotz der ergiebig
sprudelnden Steuerquellen führt sich der Bund weiter wie eine Raupe
Nimmersatt auf – für das laufende Jahr sind schon wieder 26,1
Milliarden neue Schulden eingeplant. Wenn es die bürgerliche
Koalition ernst meint mit dem Versprechen, den nächsten Generationen
nicht unerträglich schwere Lasten zu hinterlassen, darf sie ihre
Ausgaben nicht länger aufblähen. Dann muss sie ernst machen mit dem
Sparen, dann müssen die höher als erwartet eingezogenen Steuern zum
Tilgen der Schulden eingesetzt werden. Noch ist Deutschland weit von
der alles erdrückenden Schulden- und Zinslast jener Länder entfernt,
die den Euro und damit das vereinte Europa in die existenzielle Krise
gestürzt haben. Doch Griechenland, Spanien oder Italien müssen uns
stete Warnung sein, wohin eine immer höhere Staatsverschuldung führt.
Auch wenn es uns vergleichsweise gut geht, gibt es keinen neuen
Spielraum mehr für weitere Wohltaten seitens des Staates. Eine
Mahnung vor allem an Arbeits- und Sozialministerin Ursula von der
Leyen und deren Nachfolgerin im Familienministerium, Kristina
Schröder, nicht mit neuen kostspieligen Versprechungen die Ausgaben
zu steigern. Ihre Wohltaten kosten dauerhaft viel Geld. Die
Staatseinnahmen dagegen werden von der Konjunktur bestimmt, die
bekanntlich schwankend ist. Spare in der Zeit, so hast du in der Not
– eine Lebensweisheit, der sich endlich auch die Politik verpflichtet
fühlen muss. Die Bundeskanzlerin hat ja recht, wenn sie die
europäischen Partner davor warnt, Deutschland mit immer neuen
Milliardenwünschen zur Rettung des Euro zu überfordern. Diese
Abwehrhaltung wirkt umso überzeugender, je beispielhafter die
heimische Finanzpolitik ist. Und das kann eben nur bedeuten: keine
neue Ausgaben, stattdessen Verringerung der Schulden.
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