Das ist peinlich für die Charité und für Berlin. In
dem Leuchtturm der Berliner Gesundheitswirtschaft muss das
Lebensmittelaufsichtsamt die Küche schließen. Offenbar ist es nicht
möglich, hier hygienisch einwandfreies Essen für die Patienten zu
kochen. Der Vorgang offenbart zweierlei. Erstens gibt es an der
Charité immer noch Mängel im Management. Ritzen und Löcher in einer
Krankenhausküche zuzuschmieren, sodass die Hygiene gewährleistet ist,
gehört zu den vordringlichen Aufgaben vielleicht nicht eines
Klinikvorstands, wohl aber seiner Mitarbeiter. Trotz aller
finanziellen Notlagen sollten bei einem Jahresbudget von 1,2
Milliarden ein paar Tausend Euro für eine so dringliche Sanierung
vorhanden sein. Zumal die klamme Klinik jetzt das Geld für eine
Reparatur ohnehin aufbringen und die warmen Gerichte monatelang zu
hohen Kosten aus Steglitz nach Mitte karren muss. Die Klinikmanager
haben gehofft, sich trotz der lange bekannten Missstände im
Versorgungszentrum Mitte über die Zeit retten zu können. Denn die
Tage des Dienstleistungswürfels aus DDR-Zeiten sind tatsächlich
gezählt. Ende des Jahres wird er abgerissen, ehe die Sanierung des
Bettenhochhauses beginnt. Zweitens ist die gammelige Küche aber auch
ein Beleg dafür, wie sehr das Land Berlin seine Vorzeigeeinrichtung
hat verrotten lassen. Es tropft, es zieht, es rostet und modert
allerorten auf dem Campus in Mitte und auch in Steglitz. Darüber
können auch frische Farbe und moderne Ausstattung auf vielen
Stationen nicht hinwegtäuschen. Seit Jahren verweigert der Senat
diesem Magneten, der unzählige Medizin- und Pharmaunternehmen anzieht
und wissenschaftlich Weltruf genießt, ausreichend Geld, um seine
Anlagen und Gebäude in einen zeitgemäßen Zustand zu bringen.
Charité-Chef Karl Max Einhäupl, einst als Ex-Chef des
Wissenschaftsrats als der Beste unter Deutschlands
Wissenschaftsmanagern geholt, muss wie ein Bittsteller durch die
Stadt laufen. Jetzt wünscht er sich vom Senat die Freiheit, kleinere
Kredite in eigener Regie aufnehmen zu dürfen, um Investitionen zu
finanzieren, die sich innerhalb weniger Jahre etwa durch eingesparte
Energie- oder Betriebskosten rechnen würden. Mit seinem Anliegen
stößt er aber beim Finanzsenator und beim Regierenden Bürgermeister
auf taube Ohren. Beide verweisen auf die 330 Millionen Euro, die nach
einer für Einhäupl entwürdigenden Debatte freigegeben wurden. Diese
Summe ist ein Anfang. Aber sie reicht nicht, um das ganze Konglomerat
zukunftsfähig zu machen. Entweder ist die Gesundheitswirtschaft
wesentlich für die Zukunft der Stadt. Dann wird dem Land nichts
anderes übrig bleiben, als die nötigen Investitionen in das Herz
dieser Branche selbst zu schultern oder andere, private
Finanzierungsquellen zuzulassen. Oder die Charité wird wie ein
Subventionsempfänger kurzgehalten. Dann sollte Klaus Wowereit aber
aufhören, die ökonomischen Chancen aus dem Gesundheits- und
Wissenschaftssektor zu beschwören. Wer sieht, unter welch
erbärmlichen Bedingungen international gefragte Experten an der
Charité arbeiten müssen, wundert sich ohnehin, warum sie noch da
sind.
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